Anlagetrend Digitalisierung: Tracking China, EU sowie Meta Plattforms (META), Micron (MU) und Affirm (AFRM).
Liebe Leser,
der Start in die neue Handelswoche verläuft alles andere als erfreulich. Grund dafür sind u.a. negative Nachrichten aus China, wobei Stadtregierung der chinesischen Glückspiel-Metropole Macau auf den jüngsten Corona-Ausbruch mit massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens reagiert und alle Casinos und nicht lebensnotwendige Geschäfte schließt. Damit bleibt die chinesische Regierung ihrer Zero-COVID-Politik weiter treu, was die Wahrscheinlichkeit neuer Lockdowns weiter erhöht.
In der EU hat man stattdessen andere Sorgen. Hier droht die Gefahr einer ernsthaften Energiekriese. Die Gaslieferungen über NordStream 1 von Russland nach Europa wurden heute planmäßig ab 7:00 Uhr Moskauer Zeit vollständig eingestellt, wie es aus den Daten des Gaspipelinebetreibers Nord Stream AG hervorgeht. Russland kündigte Anfang Juli eine Pause im Betrieb der Pipeline an. Die Lieferungen wurden aufgrund geplanter Reparatur- und Wartungsarbeiten gestoppt. Dabei hat die EU russische Gasimporte in den vergangenen Monaten sehr stark reduziert, um somit der russischen Gasabhängigkeit zu entkommen, was die Lage nun zusätzlich verkompliziert.
Die Frage der Europäischen Gasversorgung ist dabei sehr stark von den geopolitischen Spielen abhängig: u.a. geht er um die Reparatur und die Zurückgabe der deutschen NordStream-Gasturbine nach Russland zurück. Gazprom meldete hier zuletzt, dass Siemens Energy (Gasturbienenhersteller) die Gaspumpenaggregate nach der Reparatur in Kanada nicht rechtzeitig zurückgegeben habe. Grund dafür sind Kanadas Sanktionen gegen die Russische Föderation, die eine juristisch-konforme Rückgabe der Gasturbine an die RF erlauben würde.
Doch so wie es aussieht, haben die westlichen Ländern eine Kompromisslösung gefunden, die politisch betrachtet, jedoch sehr viele Fragen aufkommen lässt und ggf. die Wirksamkeit der Anti-RF-Sanktionen stark in Frage stellen dürfte. Am 10. Juli gab der kanadische Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, bekannt, dass Ottawa zugestimmt habe, die Turbinen an Deutschland zu übergeben. Damit bleibt man insgesamt in einer Grauzone, denn so verletzt man aus kanadischer Sicht formal die Sanktionen gegen die RF nicht. Die Turbinen werden also nach Deutschland gebracht und Deutschland wird sie anschließend a Russland zurückgeben.
Das Problem dabei, ist der bereits entstandene politische Schaden und die bereits entstandene reale Verspätung. Der Transport zuerst nach Deutschland und erst dann nach Russland auf dem Seeweg kann etwa zwei Wochen dauern und wird vermutlich erst nach dem 14. Juli beginnen, so einige russische Zeitungen unter Berufung auf informierte Quellen. Und dieser Umstand gibt Moskau einen weiteren formalen Grund die geplante Inbetriebnahme der NordStream-Pipeline nach der Reparatur aufzuschieben. Und da es hierbei um eine geopolitische Angelegenheit handelt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass der russische Präsiden Vladimir Putin, diese Karte Ende des Sommers tatsächlich ausspielen könnte. Sollte es tatsächlich dazu kommen, so würde sich die Energiekrise in der EU in der aktuellen Herbst-/Winter-Heizsaison weiter verschlimmern. Und genau das in Kombination mit der weiter wachsenden Inflation versichert die Anleger zusätzlich.
Was uns angeht, so bevorzugen wir weiterhin eine eher konservative Haltung und warten weiter geduldig auf eindeutige fundamentale Signale. Denn aktuell handelt es sich vermehrt um eine geopolitische Börse, wobei politische Entscheidungen, die auf einer oder anderen Seite getroffen werden, ganz einfach nicht prognostizierbar sind. Stattdessen fokussieren wir uns heute auf intakte Globaltrends, wie die Digitalisierung und tracken einige Big-Player, um zu wissen, was in der Branche tatsächlich passiert und, was man im Vordergrund der bald anlaufenden Berichtssaison im Hinterkopf behalten sollte.
Den Anfang macht heute die Aktie des Chipherstellers Micron (MU), der seine Quartalszahlen bereits vorgelegt hat. Diese fielen Micron-typisch besser als erwartet aus, dabei überraschte die Gesellschaft mit einem neuen Umsatzrekord. Das alles half aber dem Wert nicht, in eine Erholungsbewegung zu wechseln und so verbleibt MU-Aktie weiter im Bereich von 55 USD,- also rund 39 % tiefer als zu beginn des Jahres. Was die gemeldeten Zahlen angeht, so stieg der Q3-Umsatz im Vergleich zum Vorjahreswert um 16,4 % auf 8,64 Mrd. USD (Konsens: 8,63 Mrd. USD). Das EPS von 2,59 USD fiel auch besser als die erwarteten 2,44 USD aus.
Trendtechnisch meldete Micron jedoch eine Nachfrageverlangsamung und kündigte Optimierungsmaßnahmen an, um dem Risiko einer möglichen Überproduktion effektiv entgegenzuwirken. Der Nachfragerückgang zwang Micron auch, seine Prognose für Umsatz und Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr zu senken. Dies war u.a. auch der Grund, wieso die Aktie die angelaufene Bodenkonsolidierung auch nicht verlassen konnte. Die Anleger konzentrieren sich eben auf die Zukunft, und nun wird erwartet, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft und der Verbraucheraktivität verlangsamen wird. Und daher wird es angenommen, dass dies auch MU treffen wird. Die Nachfrage nach Micron-Chips für Smartphones und PCs ist bereits rückläufig, und diese machen eben rund die Hälfte der MU-Umsätze aus.
Gleichzeitig sollte daran erinnert werden und das haben wir früher oft bei der Micron-Aktie besprochen, dass das Geschäft von Micron sehr zyklisch ist: Perioden des Nachfragewachstums wechseln sich mit Perioden mit einem sinkenden Angebot und fallenden Preise für Speicherchips kontinuierlich ab und so versuchen die Anleger (auch institutionelle) MU-Aktien immer zu Beginn des Wachstumszyklus aufzusammeln und vor dem Beginn des Abschwungs abzustoßen. Und die letzte Phase der sinkenden Preise für die Speicherchips war in den Jahren 2018-2019.
Aktuell sieht es danach aus, dass diese Situation sich nun wiederholen wird. Sollte sich die Annahme eines Abwärtszyklus bei den Speicherchip-Preisen bestätigen, so wäre es möglich, dass MU-Aktie im Spätsommer bis Frühherbst 2022 ihren Tiefpunkt erreichen wird, was angesichts der globalen Trendstärke einen sehr lukrativen Einstiegspunkt darstellen würde. Für MU spricht nun auch die Tatsache, dass die Gesellschaft mehr langfristige Verträge mit festen Preisen für drei Jahre hat. Dies dürfte die Volatilität der MU-Aktie weiter verringern.
Zudem kommen neue Produktinitiativen, was weiterhin stabile Umsätze garantieren dürfte. So gab die Gesellschaft zuletzt die Verfügbarkeit von Micron DDR5-Server-DRAM-Chips bekannt, die zur Unterstützung von Intel und AMD DDR5-Server- und Workstation-Plattformen der nächsten Generation verwendet werden. Der Wechsel zum DDR5-Speicher ermöglicht eine Steigerung der Systemleistung um bis zu 85 % gegenüber DDR4 DRAM5. Der neue Server-DDR5-Speicher von Micron maximiert eben die Leistung und ist daher für KI, High Performance Computing und datenintensive Anwendungen, die mehr CPU-Rechenkapazität und eine höhere Speicherbandbreite erfordern, mehr als notwendig. Und damit wäre es plausibel abzunehmen, dass MU mittelfristig auch diese Umsatzquelle anzapfen wird.
Die Nummer zwei ist heute die Aktie von Affirm (AFRM). Das Unternehmen ist ein Payment-Anbieter und gilt damit ganz klar als Profiteur des digitalen Zeitalters. Explizit geht es hier um die Buy Now Pay Later Methode (BNPL), die Affirm in der aktuellen stark angeschlagenen charttechnischen Situation zur Erholungsbewegung verhelfen könnte.
Grund dafür ist die Annahme, dass Affirm einen signifikanten positiven Schub durch die Prime-Day-Verkäufe am 12. Bis 13. Juli bei Amazon bekommen wird. Und dies basiert wiederum auf der Annahme, dass die hohe Inflation sowohl in den USA als auch in der EU die Konsum-Kaufkraft bereits signifikant verringert hat. Folglich wäre es plausibel anzunehmen, dass Amazon-Prime-Day-Käufer gerade ich diesem Jahr sich verstärkt für die BNPL-Bezahloption entscheiden werden. Am Prime Day werden in diesem Jahr vermutlich Umsätze im Bereich von 8-11 Mrd. USD generiert, sodass Affirm davon stark profitieren könnte. Doch dies wird man erst an den Q1-Zahlen sehen können, die das Unternehmen am 30. September 2022 veröffentlichen wird.
Affirm bietet ja zahlreiche BNPL-Dienstleistungen an und diese sind meistens an den Sale-Event-Tagen wie Amazon Prime Day sehr populär. Denn genau dann neigen viele Verbraucher dazu, Großkäufe mit einer Ratenzahlung-Option zu machen, um eben ein oder anderes Mögliches Schnäppchen nicht zu verpassen. Die Affirm-Bonitätsprüfung ist dabei an keine harten Bedingungen gebunden und daher ist der Konzern in der Lage, sehr viele neue BNPL-Verbraucher anzuziehen, so die spekulative Annahme zu diesem Zeitpunkt.
Schließlich ist es heute die Aktie von Meta Platforms (META), die wir aufgrund des zugenommenen institutionellen Supports tracken werden. Die Analysten der Bank of America sehen die Zukunft des sozialen Netzwerks Meta Platforms positiv und bezeichnen META-Aktien als eine der besten Möglichkeiten, womit man eine bevorstehende Krise spielen könnte. Das Kursziel liegt bei 233 USD. Deutlich optimistischer sind dabei die Analysten von Tigress Financial, die an das starke Recovery-Potenzial der Meta-Aktien glauben und ihr Strong Buy Rating mit einem Kursziel von 466 USD (Kurspotenzial: etwa 170 %) bestätigt haben.
Abgenommen wird eine starke Erholung des Unternehmens, angetrieben von Zuwächsen beim Abonnentenwachstum, und angelaufenen Optimierungsmaßnahmen, was zu den besseren CashFlows führen sollte. Dazu kommen die Aktienrückkäufe und die Vorreiterrolle bei Etablierung des Mateverse-Trends, womit man mittel-/langfristig eine ganz neue profitable Umsatzquelle erschließen wird. Nicht ausgeschlossen ist hier auch die Möglichkeit, dass META demnächst eine oder andere zukunftsweisende Übernahme tätigen könnte, was die Konzernpositionierung weiter festigen dürfte.
Laut den Experten der BofA verfügt Meta Platforms zusätzlich über gleich mehrere grundlegenden Stärken, die dem Konzern helfen werden, den wirtschaftlichen Schock der kommenden Monate zu überstehen. Stabile CashFlows und die allgemeine Stärke des Social-Network-Trends werden hier explizit erwähnt. Die feste Marktpositionierung und eine detaillierte Business-Struktur werden es dem sozialen Netzwerk auch ermöglichen, mehr Flexibilität bei der Verwaltung der Ausgaben zu zeigen. Gleichzeitig wäre es auch möglich, dass der Konzern in der Krisenzeit ein oder anderes üppiges Aktienrückkaufprogramm startet, was bei den Anlegern ebenfalls gut ankommen dürfte. Und somit wäre es auch möglich, dass auch diese Story demnächst aufgrund des starken Kursverfalls, aber einer weiterhin voll intakten Wachstumsstory erneut aufgegriffen wird. Und die ersten Hinweise dafür könnten wir schon bald aus den frischen META-Q-Zahlen erhalten.
Viel Erfolg und Bleiben Sie Profitabel!
Verantwortlicher Redakteur Kulikov Leonid: Besitzt derzeit die Aktien von Amazon und Meta, die im Text mitangesprochen wurden.