Anlagetrend Öl-Stocks: stehen die US-Raffinerien vor der neuen Aufschwung-Phase?

Liebe Leser,

der laufende Ukraine-Konflikt hat das globale geopolitische und wirtschaftliche Gleichgewicht gestört und wird in den kommenden Jahren zur enormen Umverteilung und Neuordnung der Handelsgüter- und Kapitalströme führen. Massive Sanktionen gegen die Russische Föderation in Kombination mit der enormen Abhängigkeit des Westens und v. A. der EU von russischen Rohstoffen werden dazu führen, dass man mit dem dynamischen Ausbau der heimischen Produktion v.A. in den USA anfangen wird, um dieser kritischen Abhängigkeit zu entkommen. Bis es aber so weit ist, werden sich verschiedene US-Unternehmen so lange trotzen, ihre Produktion hochzufahren, bis sie eine Kompromissentscheidung mit der US-amerikanischen Regierung aushandeln.

Grund dafür ist der kapitalistische Grund-Gedanke. Denn eine rasche Produktionserhöhung ist nicht in ihrem Interesse. Sie würde dazu führen, dass sowohl der Öl- als auch Gaspreis sinken, was ihre Gewinne gefährden würde. Und derzeit befindet sich die gesamte US-amerikanische Öl-Industrie dank dem höheren Öl-Preis im Aufwind, da sie mit der gleichen Produktionsmenge wie früher enorm höhere Margen einfahren kann. US-amerikanische Ölraffinerien verdienen wieder gutes Geld und diese Tendenz ist nicht temporär.



https://viz.traderfox.com/peer-group-tabelle/US20825C1045/LS/conocophillips/aktien-19050-21122-21779-20967-341179-63980-21315-2379625-64224-21498-21116-402062-14573407-5284618-2353660-1010173-22243

Und so gelangen wir zu der wichtigen Annahme, dass der Profitboom bei den US-amerikanischen Raffinerien bis zum Ende des angelaufenen Jahrzehnts anhalten könnte. Grund dafür ist die Kombination aus dem politischen Willen der EU und USA, den russischen Öl- und Gas-Importen so schnell wie möglich und fast schon zu jedem Preis entkommen zu wollen und der Tatsache, dass man die russische Rohstoffversorgung nicht so schnell aufgeben kann. Und so entsteht eine Situation, wo die Nachfrage das weltweite Angebot massiv übersteigt. Dazu kommt der oben thematisierte kapitalistische Gedanke, der dazu führen könnte, dass die US-amerikanische Öl- und Gas-Forderung nicht schnell genug ausgebaut werden kann, sodass wir schon in diesem Sommer Öl-Preise auf dem Niveau von rund 150-200 USD pro Barrel der Marke Brent sehen werden.

Was explizit Europa angeht, so ist der Kontinent für die nächsten Jahre dazu verurteilt, deutlich höhere Öl- und Gaspreise bezahlen zu müssen. Und dies mündet in weitere Risiken, denn Erdgas spielt bspw. eine sehr große Rolle bei der Produktion von Benzin und anderen Kraftstoffen. Außerdem ist es eine sehr große logistische Herausforderung Erdgas zu transportieren, was wir aber auch schon im Rahmen des LNG-Trends explizit thematisiert haben. Doch während die explodierenden Gaspreise den Verbrauchern und fertigenden Industrie schaden, schaffen sie eine hervorragende Basis für das Wachstum des Energiesektors - einschließlich der Raffinerie-Unternehmen. Diese Konzerne nehmen rohes Rohöl und Erdgas, schicken es durch einen chemischen Prozess und verwandeln es in Produkte, die wir tatsächlich verwenden können. Dazu gehören Benzin, Kerosin und Diesel.

Der Betriebserfolg einer Raffinerie wird am sog. Crack Spread gemessen. Es ist die Differenz zwischen dem Preis für Rohöl und den daraus gewonnenen Erdölprodukten. Und im Moment sind Crack-Spreads massiv (durchschnittlich um etwa 65 % gegenüber Vj.) gestiegen. Und daher ist die Annahme plausibel, dass diese Situation dank dem weiterandauernden Ukraine-Konflikt bestehen bleibt. Gleichzeitig schafft der Krieg selbst eine zusätzliche Nachfrage nach Benzin, Kerosin, Diesel und Co. u.a. für das Militärgerät, was den Raffinerien ebenfalls in die Karten spielt. Kurz gesagt, ist nun die Annahme plausibel, dass Raffinerien-Aktie schon bald zu den Top-Performern gehören werden. v.A., wenn sich mehr Länder den USA und EU anschließen, um russische Öl- und demnächst Gas-Importe zu verbieten.

Die Crack-Spreads werden sich in den kommenden Monaten, oder sogar Jahren weiter verbessern. Und da große Energiekonzerne sehr stark dazu neigen, ihre Gewinne u.a. durch höhere Dividende an Aktionäre weiterzugeben, haben wir es hier mit einer sehr interessanten Investment-Möglichkeit zu tun. Gleichzeitig wäre auch die Situation wahrscheinlich, dass man dank höheren Gewinnen auch üppige Aktienrückkäufe starten wird, was ebenfalls eine positive Kurswirkung haben würde. Und so gelangen wir auch zu der Übersicht der Top-Stocks, die man in dieser Trend-Nische spielen könnte.

Phillips 66 (PSX) dies ist eines der führenden Ölraffinerieunternehmen mit Niederlassungen in den USA und Europa. Darüber hinaus investiert man in den Ausbau des Midstream-Segments u.a. via Beteiligungen. Das Unternehmen nutzt sein Midstream-Netzwerk, um eigene Raffinerien und petrochemischen Anlagen mit billigem Öl und Flüssiggas zu versorgen. Darüber hinaus konzentriert man sich auf die Herstellung von Produkten mit höherer Gewinnspanne wie schwefelarmem Diesel, was zukünftig ein besseres Margen-Profil bedeuten könnte. Schließlich kooperiert man mit Konzernen wie Chevron (CVX), dessen Aktie man ebenfalls im Blick haben sollte. Phillips raffiniert Rohöl in seinen 12 Raffinerien zu Benzin, Diesel und Kerosin. Man verkauft auch dieses Benzin und andere Produkte in seinen mehr als 8.800 unabhängigen Verkaufsstellen. Und so ist man in der Lage, von sehr hohen Benzin- Diesel- etc. -Preisen zu profitieren.

Dank seines Joint Ventures mit Chevron (CVX) ist Phillips aber auch ein bedeutender Hersteller von Polyethylen mit einer hohen Dichte (HDPE), Polypropylen und verschiedenen anderen Chemikalien. Und damit haben wir hier eine interessante Beimischung im Sinne der Diversifikation. Während sich die Wirtschaft auf die endemische Phase der COVID-19-Krise zubewegt und das Wachstum zurückgekehrt ist, steigt logischerweise auch die Nachfrage nach Kunststoffen und anderen Chemikalien. Und dies sah man deutlich an der Entwicklung im vergangenen Jahr, als PSX ein Rekordergebnis im Chemiesegment ausgewiesen hat.



Die Nummer zwei ist heute die Aktie von Valero Energy (VLO). Das Unternehmen ist der größte unabhängige Raffineriebetreiber der Welt. VLO besitzt und betreibt 15 Raffinerien mit einer täglichen Durchlaufleistung von ca. 3 Millionen Barrel. Produziert werden Benzin, Destillate, Diesel, Treibstoffe für Flugzeuge, Asphalt, Petrochemikalien, Schmierstoffe und vergleichbare Raffinerieerzeugnisse. Das Netzwerk von Valero erstreckt sich vom Osten Kanadas bis zu der US-Golfküste und der US-Westküste. Des Weiteren betreibt das Unternehmen Standorte auf Aruba und in Großbritannien. Die Produkte werden an den Großhandel in den USA, Kanada, Großbritannien, Irland und auf Aruba vertrieben. Zusätzlich besitzt der Konzern zehn Ethanol-Kraftwerke in zentralen Tiefebenen der USA.

Darüber hinaus ist Valero der zweitgrößte Hersteller von erneuerbaren Kraftstoffen wie Ethanol und Biodiesel. Diese massive Größe und Reichweite in Kombination mit der Vielfalt an raffinierten Produkten unter seinem Dach erlauben es dem Konzern an gleich mehreren Fronten aktiv zu sein, um anschließen durchschnittlich höhere gewinne zu realisieren. Besonders hervorzuheben wäre der hier der zeitgemäße Fokus auf erneuerbaren Energien zu erwähnen, womit man zukünftig weitere höhermargige Umsatznischen erschließen könnte. Genau deswegen hat die BofA anfang März die VLO-Aktie auf die US1 Top Idea List mit einem Buy-Rating und einer Kurszielerhöhung auf 135 USD gesetzt. In Kombination mit einer Dividende von über 4 %, wäre diese Aktie eine der langfristigen Top-Picks.



Die Nummer drei ist die Aktie von PBF Energy (PBF). Das Unternehmen besitzt und betreibt in den Vereinigten Staaten sechs Erdölraffinerien mit einem durchschnittlichen Output von rund 1. Millionen Barrel pro Tag. Der Trick besteht in der Tatsache, dass PBF Benzin nicht unter der eigenen Brand-Marke verkauft. Und da PBF einer der größten Hersteller von Nichtmarkenbenzin ist, ist es in der Lage, das Wachstum der Nachfrage von anderen Tankstellen zu nutzen. Diese Strategie funktioniert besonders gut in den Zeiten, wie jetzt, wo die Benzin-Preise, wie in EU und in den USA regelrecht explodieren. Und so konnte auch PBF eine sehr gute Entwicklung im vergangenen Jahr 2021 verzeichnen. Der Gewinn für das gesamte Geschäftsjahr belief sich auf 231 Mio. USD und das nach einem Verlust von 1,33 Mrd. USD im Jahr 2020. Wenn sich also die Situation mit hohen Öl-, Benzin- etc. -Preisen weiter fortsetzen würde, hat also auch PBF sehr gute Chancen, überdurchschnittlich hohe Umsätze als auch Gewinne zu realisieren. Anzumerken bleibt lediglich die Tatsache, dass PBF im Vergleich zu VLO und PSX eine deutlich riskantere Variante darstellt, um den Raffinerien-Trend zu speilen. Doch genau hier hat man aber auch eine größere Wachstumschance.



Die Nummer vier ist das Unternehmen Targa Resources (TRGP). Der Konzern bietet Midstream-Erdgas- und Erdgasflüssigkeitsdienstleistungen an. Es bietet auch das Sammeln, Lagern und Terminalieren von Rohöl sowie das Lagern, Terminalieren und Verkaufen von raffinierten Erdölprodukten. Das Unternehmen ist in den Geschäftssegmenten Sammeln und Verarbeiten sowie Logistik und Transport tätig. Das Segment Sammeln und Aufbereiten umfasst Vermögenswerte, die zum Sammeln von Erdgas aus Öl- und Gasquellen und zur Verarbeitung dieses Roherdgases zu marktgängigem Erdgas durch Extraktion von NGLs und Entfernung von Verunreinigungen verwendet werden und Vermögenswerte, die für die Erdölgewinnung und -terminalung verwendet werden. Das Segment Logistik und Transport umfasst alle Aktivitäten, die erforderlich sind, um gemischte NGLs in NGL-Produkte umzuwandeln, und bietet bestimmte Mehrwertdienste wie Lagerung, Fraktionierung, Umschlag, Transport und Vermarktung von NGLs und NGL-Produkten, einschließlich Dienstleistungen für LPG-Exporteure wie Lagerung und Umschlag von raffinierten Erdölprodukten und Rohöl sowie bestimmte Erdgasversorgungs- und Marketingaktivitäten zur Unterstützung seiner anderen Geschäfte an. Nach den harten Pandemie-Jahren ist es nun ebenfalls eine interessante Comeback-Story, die dank dem höheren Öl-, Benzin- und Gaspreise immer besser anläuft. Und so hat Mizuho zuletzt sein Rating von Neutral auf Buy geändert und das Kursziel von 58 auf 85 USD angehoben.



Abschließend ist es zu erwähnen, dass sich der Raffinerien-Trend auch über die Aktien wie HF Sinclar, Marathon Petroleum, etc. spielen lässt. Die Grundannahme bleibt überall gleich.

Was uns angeht, so favorisieren wir zu diesem Zeitpunkt, vor dem Hintergrund einer langfristigen investment-These eher die Aktien großkapitalisierter Big-Player wie Phillips 66 (PSX) und Valero Energy (VLO), da sie einen komfortablen CRV bieten. Kurzfristig orientierte Trader sollten dabei eher Richtung laufender Comeback-Stories wie Targa Resources und PBF Energy schauen, denn hier besteht eine bessere Hit&Run-Möglichkeit, aber bei einem höheren Risiko.

Viel Erfolg und Bleiben Sie profitabel!

Verantwortlicher Redakteur Kulikov Leonid: keine Eigenpositionen.

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