Die Eigenkapitalrendite (ROE) ist mit entscheidend für den Anlageerfolg. Goldman Sachs hat 50 US-Aktien identifiziert, bei denen dieses Maß für die Profitabilität in Zukunft am stärksten steigen soll. TraderFox berichtet.
Die US-Börse gilt als teuer. Deutlich teurer als viele andere Märkte auf der Welt. Da stellt sich natürlich die Frage, warum Investoren bereit sind, so viel mehr für US-Aktien zu bezahlen? Ist es nur Hype, oder gibt es handfeste Gründe?
Eine mögliche Antwort liegt in der Profitabilität der US-Unternehmen. Sie scheinen ihr Eigenkapital besonders effizient einzusetzen und damit höhere Gewinne zu erzielen als ihre Konkurrenten anderswo. Um dieses Phänomen zu verstehen, lohnt ein genauer Blick auf die Eigenkapitalrendite (ROE – return on equity).
Um die mit dieser Kennzahl verbundenen Zusammenhänge zu verstehen, kann man sich ein Unternehmen wie einen Garten vorstellen. Das Eigenkapital sind dabei die Samen, die der Gärtner (das Management) in die Erde setzt. Und die Eigenkapitalrendite ist die Ernte – der Gewinn, der aus diesen Samen wächst. Ein guter Gärtner holt aus jedem Samen das Maximum heraus und erzielt eine reiche Ernte. Genauso holt ein gutes Management aus jedem Euro Eigenkapital einen hohen Gewinn.
Goldman Sachs hat in einer aktuellen Studie den 'Gärtnern' des US-Aktienmarktes auf die Finger geschaut und dabei einige besonders fleißige und erfolgreiche identifiziert. Die Analyse der US-Investmentbank zeigt unter anderem, welche Unternehmen in Zukunft die 'Ernten' am stärksten steigern können und damit für Anleger besonders attraktiv sein könnten.
ROE der S&P 500 im globalen Vergleich
Laut der Studie von Goldman Sachs war der ROE des S&P 500 im Jahr 2024 mit 21,1 % außergewöhnlich hoch und übertraf damit das 99. Perzentil im Vergleich zu den Werten der letzten 50 Jahre. Dies bedeutet, dass die US-Unternehmen im Jahr 2024 eine der höchsten Eigenkapitalrenditen der letzten fünf Jahrzehnte erzielten.
Besonders bemerkenswert ist der deutliche Unterschied im ROE zwischen dem S&P 500 und dem Rest der entwickelten Welt. Der ROE des S&P 500 übertraf den der anderen entwickelten Märkte um ganze 8 Prozentpunkte (21 % gegenüber 12 %). Goldman Sachs betont, dass dieser erhebliche Unterschied in der Profitabilität ein Schlüsselfaktor für die höhere Bewertung des US-Aktienmarktes im Vergleich zum MSCI World ex. US ist. Oder anders ausgedrückt: Investoren sind bereit, für US-Aktien einen Aufschlag zu zahlen, weil diese im Durchschnitt höhere Gewinne mit ihrem Eigenkapital erzielen.
ROE-Entwicklung des S&P 500 Index basierend auf den historischen Geschäftsdaten (Stand: 4. Quartal 2025)
Einflussfaktoren auf den ROE: Die DuPont-Analyse
Goldman Sachs verwendet die sogenannte DuPont-Analyse, um die Veränderungen des S&P 500-ROE detailliert zu untersuchen. Diese Methode zerlegt den ROE in fünf wichtige Komponenten, um die genauen Ursachen für Steigerungen oder Rückgänge zu identifizieren.
Für das Jahr 2024 ergab die Analyse, dass höhere EBIT-Margen (+116 Basispunkte) und ein höherer Kapitalumschlag (+56 Basispunkte) die Haupttreiber des ROE waren. Höhere EBIT-Margen deuten darauf hin, dass die Unternehmen ihre operativen Kosten effizienter verwaltet haben, während ein höherer Kapitalumschlag bedeutet, dass sie ihr Vermögen effektiver zur Umsatzgenerierung eingesetzt haben.
Dennoch wirkten sich ein geringerer Verschuldungsgrad (-86 Basispunkte) (Leverage) und ein höherer effektiver Steuersatz (-31 Basispunkte) negativ auf den ROE aus. Ein geringerer Verschuldungsgrad (Leverage) bedeutet, dass die Unternehmen weniger Fremdkapital im Verhältnis zum Eigenkapital eingesetzt haben, was zwar das Risiko verringern kann, aber auch die Eigenkapitalrendite schmälern kann. Ein höherer Steuersatz reduziert den Nettogewinn und damit auch den ROE.
Die EBIT-Margen waren die Hauptursache für die Veränderung der Eigenkapitalrendite im Vorjahr (Stand: 4. Quartal 2025)
Sektorunterschiede beim ROE: Wo wird das Eigenkapital am besten genutzt?
Die Studie von Goldman Sachs zeigt, dass es innerhalb des S&P 500 erhebliche Unterschiede im ROE zwischen den einzelnen Sektoren gibt.
Die Sektoren Consumer Discretionary (34 %) und Informationstechnologie (32 %) wiesen die höchsten ROE-Werte auf. Diese Sektoren sind oft durch hohe Gewinnmargen und eine effiziente Nutzung des Vermögens gekennzeichnet. Die Sektoren Immobilien (9 %) und Rohstoffe (12 %) verzeichneten die niedrigsten ROE-Werte. Diese Sektoren sind häufig kapitalintensiver und haben geringere Gewinnmargen.
Es ist auch erwähnenswert, dass der ROE in vier Sektoren im Jahr 2024 ein historisch hohes Niveau erreichte (über dem 90. Perzentil). Die größten ROE-Steigerungen gab es im Sektor Kommunikationsdienste (+412 Basispunkte), während der Sektor Energie den stärksten Rückgang verzeichnete (-537 Basispunkte).
Breite Spanne bei den S&P 500-Sektor-Eigenkapitalrenditen (Stand: 4. Quartal 2025, Perzentile im historischen Vergleich seit 1975)
Bedeutung des ROE für die Bewertung: Warum US-Aktien teurer sind
Goldman Sachs betont in der Studie, dass die höhere Profitabilität der US-Unternehmen, gemessen am ROE, ein wesentlicher Faktor für die höhere Bewertung des US-Aktienmarktes im Vergleich zu anderen entwickelten Volkswirtschaften ist.
Der S&P 500 wird derzeit mit einem 2,4-fach höheren Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) (Price-to-Book/P/B) gehandelt als der MSCI World ex. US (4,2x vs. 1,8x). Das bedeutet, dass Investoren bereit sind, für jeden Dollar Buchwert eines US-Unternehmens im Durchschnitt 2,4-mal mehr zu zahlen als für einen Dollar Buchwert eines Unternehmens in anderen entwickelten Ländern.
Goldman Sachs stellt fest, dass dieses Bewertungs-Premium zwar hoch ist, aber im Allgemeinen durch die höhere Profitabilität der US-Unternehmen gerechtfertigt ist.
Entwicklung der Differenz des KBV des S&P 500 gegenüber dem MSCI World ex. US-Index
Ausblick auf die ROE-Entwicklung: Wie geht es weiter?
Goldman Sachs geht davon aus, dass der S&P 500 seinen höheren ROE im Vergleich zu anderen entwickelten Märkten wahrscheinlich beibehalten wird. Eine deutliche weitere Ausweitung des ROE-Abstands erscheint jedoch unwahrscheinlich.
Analystenschätzungen deuten darauf hin, dass der S&P 500 ROE im Jahr 2025 stagnieren und im Jahr 2026 um +40 Basispunkte steigen wird, ähnlich den Erwartungen für den MSCI World ex. US (flach im Jahr 2025, +50 Basispunkte im Jahr 2026).
Goldman Sachs weist auch auf potenzielle Risiken für die Profitabilität hin, wie z. B. ein langsameres Wirtschaftswachstum und steigende Zölle, die die Gewinnmargen der Unternehmen belasten könnten.
Aktien mit hohem ROE-Wachstumspotenzial: Die Liste von Goldman Sachs
In der zitierten Studie gibt Goldman Sachs die neue Zusammensetzung des hausintern erstellten Aktienkorbs mit den voraussichtlich höchsten ROE-Wachstumsraten. Der Korb ist sektorneutral zum S&P 500 und enthält 50 Aktien mit dem laut Analystenkonsens höchsten erwarteten ROE-Wachstum in den nächsten zwölf Monaten.
Der Medianwert der Aktien im Korb hat ein erwartetes ROE-Wachstum von +12 % gegenüber -3 % für den Medianwert des S&P 500. Neue Korbmitglieder mit dem voraussichtlich höchsten ROE-Wachstum sind EQT Corp., Equinix Inc., Everest Group Ltd. und Applied Materials Inc.
Goldman Sachs Liste der 50 Aktien mit dem höchsten erwarteten ROE-Wachstum (gefettete Namen sind neu im Korb vertretene Aktien)
Quellen: FactSet, Goldman Sachs Global Investment Research