UPDATE Halbleiterbranche: US-Chiphersteller drängen auf schnellere Finanzierung, um der asiatischen Abhängigkeit zu entkommen!
Liebe Leser,
erst vorgestern haben wir das Wachstumspotenzial der Halbleiter- und Chipbranche u.a. an Beispielen von Nvidia und Micron vorgestellt. Doch dann kamen wichtige mediale, politische, aber auch Unternehmen-spezifische News, was bei vielen Halbleiter- und Chipstocks, aber v. A. bei der Aktie des führenden Chip-Produzenten Nvidia die Rebound-Bewegung stark beschleunigte. Und so gelangen wir nun zu der Annahme, dass die früher aufgestellte These über das enorme langfristige Wachstumspotenzial nun ein sehr günstiges politisches und mediales Momentum erfährt, was weitere potenzielle Halbleiter- und Chip-Investoren anlocken könnte. Sollte die Marktstimmung dabei weiter positiv bleiben, so hätten wir hier eine sehr gute Chance auf eine dynamische und etwas längerfristige Erholungsbewegung. Und daher checken wir die Gesamtlage rund um Halbleiterstocks noch ein Mal.
https://viz.traderfox.com/peer-group-tabelle/US67066G1040/DI/nvidia-corp/aktien-67381-18861-6200389-67393-67422-67470-67418-68452-67495-67673-10473080
Der erste signifikante Newsimpuls kam am Mittwoch mit der Meldung, dass führende US-Halbleitermanager den US-amerikanischen Gesetzgeber aufgefordert haben, den heimischen Chipherstellungssektor mit einer Summe von 52 Mrd. USD zu finanzieren, um somit so schnell wie möglich der asiatischen, aber v. A. chinesischen Abhängigkeit zu entkommen. Intel-CEO Pat Gelsinger, Tim Archer vom Chiphersteller Lam Research, Preston Feight vom Lkw-Hersteller PACCAR und Micron-CEO Sanjay Mehrotra sagten in Washington vor dem Senatsausschuss für Handel, Wissenschaft und Transport aus und plädierten für eine schnelle Verabschiedung des sog. CHIPS Acts.
Die CEOs hoben hervor, wie staatliche Subventionen in Asien, insbesondere auf dem chinesischen Festland, Taiwan und in Südkorea, dazu beigetragen haben, die Region zum Zentrum für die Halbleiterherstellung aufzusteigen, wo heute rund 80 % der Chips hergestellt werden. Angesprochen wurde auch die Tatsache, dass China bspw. mehr als 100 Mrd. USD investiert, um seine Halbleiterindustrie zu unterstützen und daher wäre es sehr wahrscheinlich, dass nun auch die USA diesem Beispiel mit dem CHIPS Act und anderen Förderungsinitiativen folgen werden.
Im Fall von USA muss man explizit anmerken, dass ausländische Hersteller von Halbleitern, Elektroautobatterien und Pharmazeutika die US-Fertigung auch weiterhin unter Druck setzen werden. Grund dafür ist schlicht und einfach der technologische Vorsprung des Landes bei fast allen zukunftstrends wie KI, E-Auto, unbemannte Luftfahrt, Cloud-Computing etc., wobei die Fertigung von Chips und den dazu benötigten Halbleitern vermehrt in Asien (China/Taiwan etc.) stattfindet. Aus diesem Grund wäre es sehr wahrscheinlich, dass die neue Regierung unter Führung von Joe Biden schon bald deutlich mehr Anreize in Form von Förderungen und erstattungsfähigen Steuergutschriften für die Inlandsproduktion bieten wird.
Gleichzeitig kann es dazu kommen, dass die Chip-Fertigung-Frage nun endlich im Rahmen der Nationalen Sicherheit positiv diskutiert wird, was den Weg für üppige Investments und eine massive staatliche Förderung öffnen wird. Grund dafür ist die aktuelle Invasion der Russischen Föderation in die Ukraine. Damit hat RF deutlich gezeigt, dass NATO und v. A. USA angreifbar sind und, dass man ihre Machtposition in Frage stellen kann. Und so kommt die berechtigte Befürchtung auf, dass gerade China deutlich früher als erwartet anfangen könnte, die Taiwan-Frage militärisch zu lösen. Und so sprachen sich die US-Senatoren bei der Anhörung größtenteils für eine rasche Finanzierung des CHIPS-Gesetzes aus, was zuversichtlich stimmt.
Die Abhängigkeit vom chinesischen Geschäft wird am Beispiel von Intel (INTC) sehr deutlich. Denn gerade kommunistische China ist Intels größte Nettoumsatzquelle. Die Region brachte im Geschäftsjahr 2021 rund 21,1 Mrd. USD ein und dies war gegenüber dem Vorjahreswert ein Plus von 4,4 %. Dabei erzielte das Unternehmen in den USA einen Umsatz von rund 14,1 Mrd. USD und dies war ein Rückgang von 14,9 %. Was Konzernbemühungen zur stärkeren Diversifikation angeht, so hat Intel bereits einige Investment-Initiativen ins Leben gerufen, darunter 20 Mrd. USD für die Erweiterung seines Campus in Arizona und mehr als 20 Mrd. USD für den Bau von zwei Fabriken in Ohio. Gleichzeitig hat man im Februar gemeldet, dass man Israels Tower Semiconductor für 5,4 Mrd. USD übernehmen wird, um eigene Autochip-Fertigungskapazitäten zu erweitern.
Abschließend muss man erwähnen, dass diese durch CHIPS Act unterstützte Made-In-America-Initiative letztendlich dafür sorgen würde, dass sehr viele US-Firmen, die derzeit eher die Arbeitsplätze im Ausland schaffen, ihre Produktion wieder zurück in die USA und EU verlagern, womit man auch die heimische Arbeitslosigkeit zukünftig sehr gut bekämpfen könnte. Und so wäre der Ausbau der eigenen Chip- und Halbleiterindustrie zugleich einen geopolitischen Sieg bedeuten, was man sehr gut bei der nächsten Wahl-Kampagne der demokratischen Partei, ob mit Biden oder nicht, benutzen könnte. Und die ersten positiven Anzeichen kamen von der letzten Nvidia-Pressekonferenz, wo Nvidia-CEO Jensen Huang erklärte, dass man im Großen und Ganzen offen dafür wäre, Intel zukünftig als Chipfertiger in Betracht zu ziehen.
Profiteure dieser globalen CHIPS-Act-Initiative wären zunächst beinah alle Top-Chip- und Halbleiter-Konzerne, die kurzfristig einen echten spekulativen Rebound-Hype erleben werden. Mittelfristig sind es jedoch weiterhin Unternehmen, die ein deutlich besseres Produkt liefern. Aus diesem Grund sollten die Trader und Investoren in den kommenden Monaten Top-Player aus dem Chip- und Halbleiter-Bereich wie Nvidia, Micron aber auch Intel konsequent im Blick haben. Weitere Stocks sind:
KLA Corp. (KLAC). Der Konzern ist ein Zulieferer für die Halbleiterindustrie. Das Unternehmen liefert u.a. Prozesssteuerung- und Management-Systeme für die größten Halbleiterhersteller wie TSMC, Samsung und Micron. Und so profitiert man als Chipmaschinenbauer und Anbieter von Lösungen in den Bereichen Prozesssteuerung und Ertragsmanagement von der steigenden Nachfrage seitens Halbleiter- und Mikroelektronik-Industrie nach entsprechenden Halbleiter-Test- und Produktionslösungen. Zudem hat das Unternehmen rechtzeitig in den Ausbau der Produktionsfertigung investiert, was sich nun auszahlt. Dazu kommt auch die Tatsache, dass man weiterhin neue Produkte einführt, mit denen man bspw. andere Trends wie Autochips adressiert. Es geht dabei um Wafer-Inspektions- und Inline-Test-Lösungen, wobei der Bedarf danach aufgrund des aufkommenden E-Mobility-Trends weiter kontinuierlich zunimmt.
Broadcom (AVGO) designt, entwickelt und vertreibt Halbleiter in den folgenden Geschäftsbereichen: Kabelgebundene Infrastruktur, drahtlose Kommunikation, Enterprise Storage und Industrial. Das Angebot umfasst Rechenzentrumschips, Fabrikautomation, Energiesysteme und Stromerzeugung, Breitbandzugang und Home-Connectivity. Dabei ist Broadcom ist ein sog. Fabless-Halbleiterunternehmen, was bedeutet, dass die von ihm entworfenen Produkte von anderen Unternehmen (sogenannten Foundries) hergestellt werden. Man hat also keine eigene Chipfertigung, was sowohl Nachteile (Lieferverzug) als auch Vorteile in Form von höheren Margen mit sich bringt.
Monolithic Power (MPWR) ist ein führendes Halbleiterunternehmen, das leistungsstarke Stromversorgungslösungen designt, entwickelt und vermarktet. Das Unternehmen nutzt sein fundiertes Know-how auf Systemebene und in Anwendungen, um hochintegrierte monolithische Systeme zu entwickeln, die in der Computer- und Speicher-, Automobil-, Industrie-, Kommunikations- und Verbraucheranwendungsindustrie eingesetzt werden. Das Ziel ist es, den Gesamtenergieverbrauch in den Systemen seiner Kunden mit grünen, praktischen und kompakten Lösungen zu reduzieren. Und dies dürfte in der Zukunft gerade bei den Fragen der Energieeffizienz eine bedeutende Rolle spielen.
Marvell Technology (MRVL). Nach dem Ende der Inphi-Übernahme hat das Unternehmen quasi ein Industrie-Kraftwerk geschaffen, der deutlich breiter aufgestellt ist, wobei man auch die gute Positionierung im Bereich 5G/Datacenter/Cloud-Services etc. explizit honorieren muss. Marvell ist ja ein führender Anbieter von Halbleitern für die Breitband-Kommunikation und für Speicherlösungen. Die Produktpalette umfasst Lösungen für Switches, Transceiver, Gateways, Kommunikations-Controller und Speicher (HDD und SSD). Damit ist der Konzern in einem wachsenden Markt der Breitband-Kommunikation perspektivenreich positioniert.
SiTime (SITM) ist ein Anbieter von Silizium-Timing-
Abschließend bleibt es zu erwähnen, dass der Halbleiter- und Chip-Trend zusammen ein sehr großes und breites Gebiet, mit einer sehr hohen Aktienauswahl darstellen. Der Trend selbst und seine wichtigste Annahme lassen sich dabei sowohl auf der Seite von Fabless- als auch Foundries spielen. Dazu kommen Halbleiter- und Chip-spezifische Untertrends, wie Equipment-Zulieferer, Chip-Produzente und Chip- und Hableiterproduzente mit einem besonderen Fokus wie Memory, Energieeffizienz, Automotive, Gaming etc., was die Stock-Auswahl zusätzlich erschwert.
Was uns angeht, so favorisieren wir derzeit die Aktien wie Nvidia (NVDA), die neben der aktuellen Story rund um die steigende Chipnachfrage auch über zusätzliche Wachstums-Chancen in Rahmen weiterer Top-Zukunftstrends wie Metaverse, Autonomes Fahren etc. verfügen. Sollte man sich jedoch für etwas Spezifisches entscheiden, so scheint die Aktie von Monolithic Power (MPWR) beim aktuellen CRV für eine Depot-Beimischung sehr interessant zu sein.
Weitere Stocks, die man aber unbedingt im Blick haben sollte, sind: Lattice Semiconductor (LSCC), LAM Research (LRCX), Texas Instruments (TXN), AMD (AMD), Micron (MU), Microchip Technologie (MCHP), aber auch ASML (ASML).
Viel Erfolg und bleiben Sie Profitabel!
Verantwortlicher Redakteur Kulikov Leonid: besitzt derzeit Aktien von Marvel (MRVL), die im Text mitangesprochen werden.