Trump 2.0 führt zu tiefgreifenden Veränderungen im Welthandel. Die Société Générale nennt in einer aktuellen Studie US-Vorreiter- und Nachzügler-Aktien dieser neuen globalen Handelsordnung. TraderFox berichtet.
Die Globalisierung, wie wir sie kannten, verändert sich rasant. Jahrzehntelang war der weltweite Handel geprägt von zunehmender Vernetzung und optimierten, oft global verteilten Lieferketten.
Doch seit den ersten handelspolitischen Maßnahmen im Jahr 2018 erleben wir eine fundamentale Neuausrichtung internationaler Beziehungen, die sich unter der neuen "Trump 2.0"-Administration noch zu verstärken scheinen.
Die Experten der Société Générale sprechen nicht von einem Ende des globalen Handels, sondern von einer Neuanordnung, die tiefe Spuren in den Unternehmenslandschaften hinterlässt und neue Herausforderungen sowie Chancen schafft.
Ein analytischer Rahmen für die neue Handelsordnung
Um die komplexen Auswirkungen der Deglobalisierung zu verstehen, hat die Société Générale ein spezielles Top-down-Framework entwickelt, welches die Grundlage ihrer Aktienanalysen bildet. Dieses Modell berücksichtigt globale Treiber wie Geopolitik, ESG-Faktoren, Produktivität, Demografie und Technologie.
Es analysiert, wie diese Faktoren den Warenhandel (durch Trends wie Reshoring, Onshoring, Friend-shoring und Near-shoring), Kapitalströme (wie ausländische Direktinvestitionen, Währungen und Zinsen) und letztlich die Unternehmensrenditen (in Bezug auf Umsatz, Kosten, Margen, Bewertung und Wechselkurse) beeinflussen.
Dieser umfassende Ansatz ermöglicht es den Analysten, gezielt Unternehmen als "Leader" oder "Laggards" der neuen globalen Handelsordnung zu identifizieren.
Amerikas Kurs in einer sich wandelnden Welt
Die Vereinigten Staaten streben seit Langem danach, ihr Handelsdefizit zu rebalancieren – ein Zustand, der bereits seit 1976 besteht. Frühere Zollmaßnahmen konnten dieses Defizit zwar nicht schließen, führten aber zu einer Umstrukturierung der Lieferketten. Das zeigt sich deutlich: Der Anteil der US-Importe aus China ist mit 13,3 % so niedrig wie seit 21 Jahren nicht mehr; er war 2017 noch bei 22 %.
Anteil der US-Einfuhren nach Ländern
Diese Entwicklung führt zu zwei Modellen der neuen Weltordnung: Das "iPhone-Modell" steht für die schnellere Neuordnung nicht-strategischer Güter, während das "Semis-Modell" eine beschleunigte Entkopplung bei strategisch wichtigen Gütern wie Halbleitern bedeutet. Die USA konzentrieren sich dabei verstärkt auf das Reshoring strategischer Industrien, also die Rückverlagerung der Produktion ins eigene Land.
Die neue globale Handelsordnung hat auch erhebliche Auswirkungen auf Kapitalströme und Währungen. Mit geschätzten 62 Billionen USD an US-Vermögenswerten in ausländischem Besitz verdeutlichen Jahrzehnte von Leistungsbilanzdefiziten eine erhebliche Kapitalbilanz und Überengagement in US-Anlagen. Historisch zeigte sich bei einer US-Dollar-Abwertung von etwa 30 % zwischen 1985 und 1987 (Plaza Accord und Louvre Accord) ein Anstieg des S&P 500 um 50 %, was die Bedeutung von Wechselkurseffekten unterstreicht.
Ausländische Bestände an US-Vermögenswerten haben neue Höchststände erreicht
Die umfassende Studie der Société Générale, basierend auf Analysen der Bernstein Analysten, identifiziert insgesamt 177 globale Aktien als potenzielle Gewinner und Verlierer. Der globale Rahmen wird regional angepasst, da die Auswirkungen auf die Aktienmärkte je nach Region variieren.
US-Firmen als "Leader": Profiteure der Neuausrichtung
Die Société Générale hat den "SG New Global Trade Order Leaders Basket" ins Leben gerufen, der insgesamt 65 Aktien umfasst, wovon 25 US-Unternehmen sind. Diese Firmen sind strategisch positioniert, um aus den Trends der Deglobalisierung Kapital zu schlagen. Die Gewinneraktien lassen sich dabei in vier Hauptkategorien einteilen:
- Capex (Kapitalausgaben): Unternehmen, die von erhöhten Investitionen in Infrastruktur, Automatisierung und Verteidigung profitieren.
- Souveränität: Firmen, die von den Bemühungen um nationale Unabhängigkeit in strategischen Sektoren profitieren.
- Hoher lokaler Anteil: Unternehmen mit einem Großteil ihrer Wertschöpfung oder ihres Umsatzes im Inland.
- Sonstige Profiteure: Dazu zählen Firmen, die aus der zunehmenden Komplexität der Lieferketten Vorteile ziehen, etwa durch geografische Nähe.
SG New Global Trade Order Leader – Die 32 Gewinner aus den USA
Quellen: SG Cross Asset Research/Equity Strategy, Marktkapitalisierungen mit Stand vom 10.06.2025
Drei prominente US-Beispiele aus diesem Korb sind:
- Oracle: Die Datenbank- und Software-Infrastruktur von Oracle ist ein kritischer Bestandteil der digitalen Infrastruktur eines Landes. Das Unternehmen gewann kürzlich einen Auftrag des US-Verteidigungsministeriums zur Modernisierung seiner geschäftskritischen ERP-Software und baut sein Cloud-Infrastrukturgeschäft aus, um die Abhängigkeit von externer Hardware zu reduzieren. Oracle wird als "Souveränitäts"-Gewinner und aufgrund seiner Rolle bei der "geopolitischen Distanzierung" gesehen.
- Linde: Der Industriegase-Konzern Linde bietet wichtige Produkte und Dienstleistungen für zahlreiche Branchen, darunter Fertigung, Gesundheitswesen und Elektronik. Das Unternehmen ist ideal positioniert, um vom Reshoring zu profitieren, insbesondere in der Hightech-Fertigung, wo präzise Gasmischungen unerlässlich sind. Seine Fähigkeiten in der Produktion von sauberem Wasserstoff unterstützen zudem nationale Energie-Souveränitätsziele. Linde wird als "Capex"- und "Souveränitäts"-Gewinner eingestuft.
- Caterpillar: Als Hersteller von Bau- und Bergbaumaschinen ist Caterpillar ein klarer Profiteur des Onshoring-Trends, da dieser erhebliche Investitionen in Infrastruktur und Bauprojekte erfordert. Caterpillar verfügt über eine starke Fertigungspräsenz in den USA mit beträchtlichen Produktionskapazitäten im eigenen Land. Das Unternehmen wird als "Capex"-Gewinner mit "hohem lokalen Anteil" gelistet.
US-Firmen als "Laggards": Herausforderungen in der neuen Ära
Der "SG New Global Trade Order Laggards Basket" der Société Générale umfasst 40 Aktien, wovon 15 US-Unternehmen sind. Diese Unternehmen sind häufig im Konsum- und Technologiesektor angesiedelt und sehen sich mit erheblichen Herausforderungen durch die neue globale Handelsordnung konfrontiert. Die Analysten der Société Générale identifizieren hierbei drei Hauptkategorien von Verlierern:
- Effizienzverlust: Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auf optimierten, kosteneffizienten globalen Lieferketten basieren und durch deren Umstrukturierung Einbußen erleiden.
- Zusätzlicher Wettbewerbsdruck: Firmen, die durch die Deglobalisierung einem verstärkten lokalen oder regionalen Wettbewerb ausgesetzt sind.
- Exportrückgänge: Unternehmen, deren Exportmärkte aufgrund von Zöllen, Handelsbarrieren oder geopolitischen Spannungen schrumpfen.
SG New Global Trade Order Laggards – Die 15 Verlierer aus den USA
Quellen: SG Cross Asset Research/Equity Strategy, Marktkapitalisierungen mit Stand vom 10.06.2025
Drei prominente US-Beispiele für "Laggards" sind:
- Apple: Apples starke Abhängigkeit von komplexen, globalen Lieferketten (hauptsächlich in China für die Fertigung) macht das Unternehmen anfällig für Deglobalisierungstendenzen. Höhere Zölle oder Produktionsverlagerungen könnten die Kosten erheblich steigern und Margen sowie Preise beeinflussen. Die starke Abhängigkeit von der chinesischen Nachfrage nach seinen Produkten stellt ebenfalls ein Risiko dar. Apple wird unter "Effizienzverlust", "zusätzlichem Wettbewerbsdruck" und "Exportrückgängen" eingeordnet.
- Amazon: Amazons E-Commerce-Geschäft ist stark auf hochglobalisierte Lieferketten angewiesen, um eine breite Produktpalette zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten. Eine Deglobalisierung könnte zu höheren Beschaffungskosten und längeren Lieferzeiten führen, was den Kostenvorteil und die Kundenfreundlichkeit des Unternehmens untergraben würde. Amazon wird als Unternehmen eingestuft, das mit "Effizienzverlusten" und "zusätzlichem Wettbewerbsdruck" rechnen muss.
- McDonald's: Die globale Präsenz von McDonald's macht das Unternehmen anfällig für geopolitische Spannungen und Währungsschwankungen. Eine verstärkte lokale Beschaffung könnte die Kosten und die Komplexität im riesigen Netzwerk des Unternehmens erhöhen. McDonald's wird unter "Effizienzverlust" und "sonstigen Risiken" (Währungs- und Geopolitik) gelistet.
Fazit: Die zitierte Studie von Société Générale bietet detaillierte Einblicke in die Auswirkungen der neuen globalen Handelsordnung auf die US-Wirtschaft und ihre Unternehmen. Für Anleger ist es entscheidend, sowohl die Chancen als auch die Risiken dieser globalen Verschiebungen genau zu bewerten.