Heute wird im Bundestag über das Sondervermögen in Höhe von 500 Mrd. Euro entschieden, das in die Infrastruktur Deutschlands investiert werden soll. Da das Netz der Deutschen Bahn seit langem unterfinanziert ist, dürfte ein Teil der Summe auf dessen Instandsetzung verwendet werden. Als Spezialist für Bahninfrastruktur könnte Vossloh dann vor einer Neubewertung stehen.
Vossloh könnte zu den noch unbekannten Gewinnern des Sondervermögens zählen
Deutschlands Infrastruktur ist marode. Nach aktuellen Analysen fehlen für die Zeitspanne von 2025 bis 2035 Investitionen von 1 Bio. Euro. Durch den in Jahrzehnten angehäuften Sanierungsstau ist die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährdet. Abhilfe schaffen soll nun das Sondervermögen von 500 Mrd. Euro, auf das sich CDU/CSU und SPD geeinigt haben. Es hat eine Laufzeit von zwölf Jahren. Obwohl noch nicht ausgemacht ist, wie das Geld genau verteilt werden soll, verzeichnen Bauaktien wie zum Beispiel Heidelberg Materials steigende Kurse. Doch es gibt auch weniger bekannte Firmen, die von dem Sondervermögen profitieren könnten. Weil sie seltener im Rampenlicht stehen, könnten sie sogar ein größeres Kurspotential aufweisen als die Unternehmen aus der ersten Reihe. Eine von ihnen ist die deutsche Firma Vossloh aus Werdohl, der weltweit führende Hersteller von Schienenbefestigungssystemen.
Eine Zuteilung aus dem Sonder-vermögen dürfte Vosslohs bisherigen Erfolg erheblich steigern
Es ist mit ziemlicher Sicherheit davon auszugehen, dass ein Teil des Sondervermögens der Deutschen Bahn zugewiesen wird. Der Bedarf für die Sanierung von zentralen Strecken, die Modernisierung des Bestandsnetzes und die Digitalisierung umfasst bis 2034 über 80 Mrd. Euro. Sollte sich die neue Regierung zusätzlich für den Aus- oder Neubau des Netzes entscheiden, dürfte sich der Finanzierungsbedarf verdoppeln. Diese Prognosen sind vor dem Hintergrund eines ohnehin gut laufenden Geschäfts bei Vossloh zu sehen. Vossloh bietet neben Schienenbefestigungssystemen auch Weichen und Signaltechnik an. Außerdem umfasst das Leistungsspektrum des Konzerns Schienenwartungen mittels Hochgeschwindigkeitsschleifen und die Vernetzung der Schiene, damit die Wartung proaktiv erfolgen kann. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Hauptmärkte Europa, Australien und Nordamerika. Schon in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres kletterte das Auftragsvolumen auf ein Rekordniveau: 1 Mrd. Euro bedeutet einen Zugewinn von 8,5 %. In diese Rechnung ist ein Auftrag von 100 Mio. Euro noch nicht eingeflossen, der aus einer Absichtserklärung der Deutschen Bahn resultiert. Darüber hinaus gelang es Vossloh, einen Auftrag aus Großbritannien zu erhalten. 30 Mio. Euro sollen in Bahntechnik für ein Schnellzugprojekt fließen.
Mit der Übernahme von Sateba kann Vossloh zum führenden Produzenten von Betonschwellen werden
Um das Geschäft in Europa auszubauen, hat Vossloh im Juli 2024 für 450 Mio. Euro den französischen Betonschwellenhersteller Sateba übernommen, um das Produktportfolio bei Betonschwellen zu erweitern. Sateba gehört in Europa zu den führenden Betonschwellenherstellern und beschäftigt 1.120 Mitarbeiter an 19 Produktionsstandorten in zehn europäischen Ländern. Der Konzern wurde in den Geschäftsbereich Tie Technologies eingebunden, der dadurch zu einem der weltweit führenden Produzenten von Betonschwellen werden soll. Der Jahresumsatz soll 500 Mio. Euro betragen. Allerdings steht das Geschäft noch unter Vorbehalt, es ist erst abgeschlossen, wenn verschiedene Aufsichtsbehörden in mehreren Ländern zustimmen. Mit einer Entscheidung wird im Frühjahr 2025 gerechnet.
Die Erfindung der M-Spannklemmengeneration garantiert Sicherheit trotz erhöhter Gleisbelastungen
Eines der zentralen Produkte von Vossloh sind Spannklemmen. Die wachsenden Anforderungen aus dem Gleis, die durch unerwartete Beanspruchung, durch die Fahrzeuge oder die Infrastruktur hervorgerufen wurden, führten bei Vossloh zur Entwicklung einer neuartigen Spannklemmengeneration. Die sogenannte M-Generation der Spannklemmen ermöglicht dank einer innovativen Geometrie mit nach außen gebogenen Federarmen den Einsatz elastischerer Systeme zur Reduzierung von Vibrationen. Die nach außen gebogenen Federarme sorgen nämlich für eine Optimierung der Kontaktpunkte. So wird die Kontaktfläche zum Schienenfuß vergrößert und die Verwindungssteifigkeit steigt. Zudem sorgt die Verwendung von grünem Stahl und eine neuartige Mikro-Stahllegierung für einen deutlich verbesserten CO2-Fußabdruck (grüner Stahl wird mit Wasserstoff statt Kohlenstoff produziert). Dieser Fußabdruck ist der geringste unter allen bestehenden Spannklemmentypen. Durch diese Spannklemmen kann die Sicherheit im Gleis trotz erhöhter Belastungen garantiert werden. Weil die M-Generation eine optimierte Robustheit der Spannklemmen selbst, aber auch anderer Befestigungskomponenten bietet, verringern sich der Verschleiß und die Lebenszykluskosten. Außerdem führen das geringere Gewicht und das kompakte Design zu einer Reduzierung der Aufwendungen für den Transport. Spannklemmen der M-Generation sind mit bereits bestehenden Systemen voll kompatibel.
Die M-Generation umfasst verschiedene Subtypen. Die M3-Spannklemmen sind für Hochgeschwindigkeitsstrecken auf fester Fahrbahn konzipiert. Die M7-Spannklemmen sind für Hochgeschwindigkeitsstrecken auf Schotter sowie Nahverkehrs- und Vollbahnanwendungen entwickelt worden. Schließlich gibt es noch für extreme Anforderungen und hohe Achslasten die Schwerlastklemme M9. Insgesamt wird die Streckenverfügbarkeit durch die verbesserte Leistung und Lebensdauer aller drei Subtypen erhöht. Weil die M-Generation eine Vielzahl von Spannklemmentypen ersetzt, wird die Komplexität im Gleisbau reduziert.
Ein Projekt, bei dem sich die Vorteile der M3-Spannklemme zeigen, ist der Bau eines neuen Haltepunktes in Krakau für den Personenverkehr, der den Zugang der örtlichen Gemeinden zum Personenverkehr erheblich verbessern soll. Das neue Design und die Geometrie dieser Spannklemmen, die die Eigenfrequenz und die Gleislagestabilität erhöhen, senken die Beförderungskosten und den CO2-Fußabdruck und erleichtern die Handhabung im Schwellenwerk (die Eigenfrequenz meint die Frequenz, mit der die Spannklemme durch die Überfahrt eines Zuges in ihrer Eigenform schwingt).
Der ‚Engineered Polymer Sleeper‘ vereint die Vorteile von Holzschwellen und bisherigen Kunststoffschwellen
Vossloh hat als Alternative zur Holzschwelle eine ressourcenschonende Schwelle entwickelt. Dabei handelt es sich um den ‚Engineered Polymer Sleeper‘ (übersetzt: ‚Technische Polymerschwelle‘). Das Ziel für die Ingenieure bestand darin, eine ökologische Verbundschwelle auf den Markt zu bringen, die eine Synthese aus den positiven Eigenschaften von Holzschwellen und bestehenden Kunststoffschwellen bildet. Dabei ging man von einem geplanten Kreosot-Verbot für Holzschwellen in Europa aus (Kreosot ist ein krebserregendes Teeröl zur Behandlung von Hölzern). Die neue Schwelle sollte in einem breiten Anwendungsbereich einsetzbar und mit verschiedenen Schienenbefestigungssystemen kombinierbar sein. Nach intensiver Forschung und Tests erwies sich der ‚Engineered Polymer Sleeper‘ als am praktikabelsten, unter anderem, weil die Kunden damit zwischen einer direkten und einer indirekten Schienenbefestigungslösung wählen können und weil mit ihm die Schwellengeometrie anpassbar ist.
Vossloh bietet alles für das "System Weiche" Erforderliche aus einer Hand an
Weichen sind an allen Orten der Welt ein zentraler Bestandteil von Bahnstrecken. Früher war die Idee einer Weiche einfach: Zwei Gleise sollten mit einem einzigen Stellantrieb vereint oder getrennt werden. Heute ist daraus durch verschiedene Schienenprofile, Spurbreiten und Gleisgeometrie ein komplexes Weichensystem geworden. Die Konstruktion sowie die Produktion von Weichen müssen auf die Erfordernisse des jeweiligen Schienennetzes hin maßgeschneidert werden, zum Beispiel in Hinblick auf Fahrkomfort und Sicherheit. Dafür müssen Technologien und geeignete Materialien erforscht werden, sodass optimalerweise eine Lösung für das "System Weiche" aus einer Hand angeboten werden kann. Vossloh ist Technologieführer rund um das vielseitige "System Weiche" und kann diese Anforderungen erfüllen. Deshalb ist das Unternehmen in allen globalen Kernmärkten als Spezialist für Weichen gefragt. Da Vossloh über Produktionsmöglichkeiten vor Ort verfügt, kann die Fertigung gemäß der verschiedenen Eisenbahnnormen leicht realisiert werden. Jede Weiche, die Vossloh baut, ist deshalb eine Lösung für eine spezielle Anforderung. Die Weichen von Vossloh kommen in über 85 Ländern zum Einsatz, die alle Klimazonen umfassen. Sie sind somit für extrem kalte ebenso wie sehr heiße, für trockene ebenso wie für sehr feuchte Gegenden konzipiert. Selbst Züge, die schneller als 560 km/h fahren, werden von den Weichen von Vossloh in der Spur gehalten. Alle Komponenten werden bei Vossloh selbst produziert. Dazu gehören beispielsweise eigene signaltechnische Lösungen, die die Wartungskosten senken. Vossloh hat alles für das "System Weiche" Erforderliche aus einer Hand parat – von der Beratung über die Installation bis hin zur regelmäßigen Wartung.
Vosslohs Sicherheitsanlagen können im Verkehrsbetrieb automatisch agieren
Um ein Maximum an Sicherheit zu gewährleisten, hat Vossloh neben Weichen- und Signalanlagen eine ausdifferenzierte Palette an Sicherheitsanlagen im Angebot. Diese umfassen den Gütertransport, die Straßenbahn und den Personentransport im Nah- und Hochgeschwindigkeitsverkehr. Dazu gehören zum Beispiel elektrohydraulische und elektromechanische Weichenantriebe und Weichenverschlüsse für alle Zungen. Diese erkennen den Bedarf zur Verriegelung und die Zungenposition automatisch (Weichenzungen sind die beweglichen Teile einer Weiche, die die Fahrtrichtung bestimmen). Des Weiteren zählt eine Verkehrserkennung, mit der automatisch die Durchfahrt eines Zuges sowie dessen Fahrtrichtung wahrgenommen wird, damit ein Bahnübergang mit einer Schranke blockiert werden kann oder Arbeiter rechtzeitig gewarnt werden, zu Vosslohs Produktportfolio.
Vosslohs Produkte sind auf alle Arten des Schienenverkehrs anwendbar
Die Komponenten und Lösungen von Vossloh sind vielseitig einzusetzen. Bei konventionellen Streckennetzen bilden die Spannklemmen des Unternehmens eine stabile Befestigungslösung für Streckentypen mit einer Achslast bis 26 Tonnen. Bei der Übernahme von Vollbahnstrecken in das 21. Jahrhundert helfen die nachrüstbaren Schienenbefestigungssysteme von Vossloh, indem sie etwa Gleisschwingungen und Fahrterschütterungen reduzieren. Dadurch werden der Verschleiß und der Wartungsaufwand verringert. Oft werden Bahnreisen aber erst durch Hochgeschwindigkeitszüge attraktiv. Mit zunehmender Geschwindigkeit nimmt aber auch die Belastung der Gleise zu. Der Oberbau – ob als Schotter oder als feste Fahrbahn – muss die Kräfte abfedern. Es entstehen ein höherer Verschleiß und Wartungsaufwand. Die physikalisch optimierten Spannklemmen und die witterungsresistenten hochelastischen Komponenten von Vossloh sorgen dafür, dass beispielsweise die Bahnstrecke von Peking nach Shanghai, mit 1.318 Kilometern eine der längsten Hochgeschwindigkeitsstrecken der Welt, mit über 300 km/h befahrbar ist. Dass die Produkte von Vossloh beinahe unverzichtbar sind, gilt ebenso für den Güterverkehr, der weltweit durch die globalen Warenströme an Bedeutung zunimmt. Bei den Systemlösungen für Schwerlaststrecken setzt das Unternehmen vermehrt auf Kunststoffkomponenten. Die innovativen Materialien und das werkstoffgerechte Design ergeben eine hohe Wirtschaftlichkeit.
Für 2024 rechnet Vossloh mit einem deutlichen Ergebnissprung
Im vergangenen Geschäftsjahr konnte Vossloh seinen Umsatz von 1,0 Mrd. Euro auf 1,2 Mrd. Euro um 16,1 % steigern. Allerdings fiel der Gewinn von 47,7 Mio. Euro um 6,3 % auf 44,7 Mio. Euro. Am 31.10.2024 meldete Vossloh AG die Q3-Zahlen für das Quartal, das am 30.09.2024 endete. Der Umsatz lag im Ergebniszeitraum bei 298,7 Mio. Euro (-8,2 % gegenüber dem Vorjahresquartal) und der Gewinn bei 14,5 Mio. Euro (+35,5 % gegenüber dem Vorjahresquartal). Den Umsatzrückgang in diesem Zeitraum führte das Unternehmen auf ein schwächeres Geschäft in China und Mexiko zurück, die Umsatzlücke im Vergleich zum Vorjahr sollte aber im 4. Quartal 2024 geschlossen werden. Die Profitabilität war im 3. Quartal 2024 gestiegen, alle Geschäftsbereiche konnten nach neun Monaten zweistellige EBIT-Margen aufweisen. Der Free Cashflow war im 3. Quartal 2024 mit 38,9 Mio. Euro hoch ausgefallen (3. Quartal 2023: 10,5 Mio. Euro). Mit einem KGV auf Basis des letzten Geschäftsjahres von 30,2 ist Vossloh moderat bewertet. Das Unternehmen zahlt eine Dividende von 1,05 Euro, woraus sich eine Dividendenrendite von 1,6 % errechnet. Für 2024 erwartet Vossloh einen spürbaren Ergebnisanstieg. Trotz des Auslaufens einiger großer Neubauprojekte vor allem in Mexiko und Serbien rechnet das Unternehmen auf der Basis einer positiven Marktnachfrage mit Umsätzen, die in etwa denen des Jahres 2023 gleichen. Mit 100 bis 115 Mio. Euro wird ein weiterer Anstieg des EBITs für das Jahr 2024 prognostiziert (2023: 98,5 Euro).
Quelle: Qualitäts-Check TraderFox
Bullcase vs. Bearcase
Vossloh gehört auf dem Gebiet der Eisenbahninfrastruktur zu den führenden Anbietern. Mit seinen innovativen Produkten wie den Spannklemmen der M-Generation, dem "Engineered Polymer Sleeper" oder seinen Weichenlösungen aus einer Hand setzt das Unternehmen auf Lösungen, die flexibel einsetzbar, langlebig und umweltfreundlich sind. Durch Zukäufe wie die Übernahme von Sateba positioniert sich der Konzern, um weiter zu wachsen. Wenn das Sondervermögen am 18. März den Bundestag passiert, dürfte Vossloh zu den Gewinnern dieser Entscheidung gehören.
Diese Erwartungshaltung könnte, sollte sie nicht erfüllt werden, zu einer zumindest temporären Belastung für die Aktie werden. Anleger könnten sich von dem Papier abwenden, zumindest bis die Finanzierung der Schieneninfrastruktur zu einem späteren Zeitpunkt verbindlich geregelt wird.
Fazit
Die Steigerung von Profitabilität und Gewinn im 3. Quartal 2024 zeigt, dass Vossloh sich auf einem Wachstumspfad befindet. Dafür spricht auch das in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres gestiegene Auftragsvolumen, in das manche positive Effekte noch nicht einberechnet sind. Die Produkte und Lösungen von Vossloh sind für den Verkehr auf der Schiene beinahe unumgänglich. Bisher hat das Unternehmen nicht so viel Aufmerksamkeit erfahren wie andere Firmen der Baubranche. Spätestens dann, wenn das Sondervermögen in der geplanten Form kommt, dürfte Vossloh in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Frühzeitige Investoren dürften sich dann entsprechend über größere Kursanstiege freuen.