Nach Monaten stagnierender Nachfrage und wachsendem Konkurrenzdruck feiert Apple (APPL) in China ein überraschendes Verkaufsplus – erstmals seit zwei Jahren. Doch die Euphorie ist nur von kurzer Dauer. Analysten warnen vor strukturellen Problemen, geopolitischen Risiken und fehlenden Innovationen. Der US-Vietnam-Deal bringt etwas Entlastung, doch langfristig steht Apple weiter unter Zugzwang.
Apple unter Druck - Vom Innovationsmotor zum Herausforderer
Apple gilt als eine der größten Erfolgsgeschichten der Tech-Welt – mit legendären Produkten, loyaler Kundenbasis und Milliardenumsätzen rund um den Globus. Doch in den letzten Quartalen kämpft der iPhone-Hersteller zunehmend mit Absatzschwierigkeiten, insbesondere in seinem wichtigsten Auslandsmarkt China. Während sich die Nachfrage in den USA und Europa abflacht, sorgt der zunehmende Konkurrenzdruck durch chinesische Anbieter wie Huawei für wachsende Herausforderungen. Der Wiederaufstieg Huaweis – einst durch US-Sanktionen stark geschwächt – hat Apple in China Marktanteile gekostet. Hinzu kommen geopolitische Spannungen, drohende Zölle und eine verhaltene Innovationsdynamik im iPhone-Geschäft, die Anleger und Analysten zuletzt zunehmend skeptisch stimmten.
Überraschender Aufschwung in China – iPhone-Verkäufe erstmals wieder im Plus
Erstmals seit dem 2. Quartal 2023 konnte Apple im abgelaufenen Quartal wieder ein Absatzplus in China vermelden. Laut Counterpoint Research stiegen die iPhone-Verkäufe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 8 % – ein bemerkenswerter Richtungswechsel, der vor allem auf gezielte Preisnachlässe und Promotions zurückzuführen ist. Die Preisanpassung für iPhones im Mai kam dabei strategisch genau vor dem wichtigen 618-Shopping-Festival und traf auf ein preisbewusstes, aber markentreues Publikum. Modelle wie das iPhone 16 Pro und Pro Max fanden dabei besonders starken Absatz. Auch wenn Huawei weiter stark bleibt, hat Apple seine Position unter den Top-3-Marken in China behauptet. Ob dieser Trend jedoch nachhaltig ist, bleibt offen. Marktbeobachter warnen, dass das starke Juni-Quartal möglicherweise nur eine Zwischenrally war und der Nachfragedruck im Herbstquartal erneut steigen könnte – insbesondere, wenn echte technologische Neuerungen ausbleiben. Für Apple dennoch ein wichtiges Signal, dass Preispolitik und Marktanpassung kurzfristig wirken.
Kann der US-Vietnam-Deal für eine Entspannung in Apples Lieferketten sorgen?
Mit dem neuen Handelsabkommen zwischen den USA und Vietnam rückt auch Apple ins Zentrum geopolitischer Überlegungen. Der auf 20 % reduzierte Zoll auf vietnamesische Importe dürfte Apples Margen bei Produkten wie AirPods, iPads und Macs nur moderat entlasten. Das Unternehmen hatte in den vergangenen Jahren gezielt Teile seiner Produktion aus China nach Vietnam verlagert, um sich unabhängiger von US-chinesischen Spannungen zu machen. Die meisten iPhones werden in China und Indien produziert, und nicht in Vietnam. Für CEO Tim Cook bleibt Vietnam dennoch ein strategischer Eckpfeiler in Apples diversifizierter Lieferkettenstrategie. Gleichzeitig wächst der politische Druck aus den USA, Teile der Produktion in die Vereinigten Staaten zu verlagern – ein Unterfangen, das Apple als zu kostspielig und ineffizient einstuft. Der neue Handelsdeal mit Vietnam dürfte Apple somit kurzfristig stabilisieren, auch wenn der Handlungsspielraum im globalen Handelskonflikt begrenzt bleibt.
Analystenreaktion - Upgrade mit Vorbehalten
Die jüngsten Verkaufszahlen in China und die politischen Entwicklungen führten zu einem seltenen Upgrade für Apple. Jefferies-Analyst Edison Lee hob die Aktie von "Underperform" auf "Halten" hoch und verwies auf das Potenzial, dass das Juni-Quartal die Erwartungen übertreffen könnte. Insbesondere die 8%ige Umsatzsteigerung in China stützt seine Einschätzung, dass Apple zumindest kurzfristig Rückenwind erhält. Doch Lee bleibt vorsichtig. Für das September-Quartal erwartet er wieder rückläufige iPhone-Auslieferungen, da es weiter an Innovationen und Differenzierung fehle – insbesondere im Bereich KI. Zölle auf Produkte aus Indien, Vietnam und China könnten die Margen weiter belasten. Trotz seines Upgrades sieht Lee das Kursziel für Apple bei lediglich 188,32 USD – ein Wert, der unter dem aktuellen Niveau liegt.
Apple atmet auf – Doch Kampf um Marktanteile und Innovation hat erst begonnen
Apple gelingt mit dem überraschenden Verkaufsaufschwung in China eine dringend benötigte Atempause, doch der Weg zu nachhaltigem Wachstum bleibt steinig. Der technologische Vorsprung schrumpft, die Konkurrenz – insbesondere aus China – wird stärker, und geopolitische Risiken wie Zölle und Lieferkettenverlagerungen setzen das Unternehmen zusätzlich unter Druck. Die jüngsten Analysten-Upgrades zeigen zwar vorsichtigen Optimismus, sind aber auch mahnend. Apple hat kurzfristig wieder Tritt gefasst, steht aber mittel- bis langfristig vor grundlegenden Herausforderungen, die weit über einzelne Quartale hinausgehen. Apple muss sich neu erfinden, wenn es seine globale Führungsrolle behaupten will.