Im Gegensatz zu Produktherstellern wie Apple, deren Kurs seit der Ankündigung der jüngsten Zölle durch Präsident Donald Trump letzte Woche deutlich gefallen ist, verzeichnet die Aktie von Netflix lediglich ein geringes Minus seit Jahresanfang. Im Gegensatz zu vielen großen Technologieunternehmen ist Netflix in die lokalen Volkswirtschaften weltweit integriert. Eine Bestrafung der Streaming-Plattform könnte sich als unattraktiv erweisen.
Preiswerte Unterhaltung hat in wirtschaftlichen Abschwüngen meist überlebt
Netflix steht weiterhin vor derselben größeren Bedrohung wie alle anderen: dass ein Handelskrieg die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen könnte. Am Montag sagte BlackRock-CEO Larry Fink im Economic Club of New York: "Die meisten CEOs, mit denen ich spreche, würden sagen, dass wir uns wahrscheinlich gerade in einer Rezession befinden."
Netflix würde in einer globalen Rezession wahrscheinlich einige Abonnentenverluste erleiden, doch preiswerte Unterhaltung hat in wirtschaftlichen Abschwüngen traditionell überlebt und sogar floriert. Die Große Depression galt vielen als das "Goldene Zeitalter Hollywoods". "Zu Hause zu bleiben und Netflix zu schauen, ist definitiv günstiger, als ins Restaurant oder zu einer Veranstaltungsstätte zu gehen", sagte bspw. Oppenheimer-Analyst Jason Helfstein gegenüber Barron’s.
Digitalsteuern sind jedoch ein Risiko, das man im Blick haben sollte
Anleger müssen jedoch auch die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen in einem eskalierenden Handelskrieg berücksichtigen. US-Waren stehen im Fokus anderer Länder, und Gegenmaßnahmen könnten sogenannte "Digitalsteuern" umfassen. Netflix sieht sich bereits in mehreren Ländern mit diesen Steuern konfrontiert, zusammen mit zusätzlichen Auflagen, in die lokale Filmproduktion zu investieren. Die Steuern liegen in der Regel zwischen 2 % und 5 % des Umsatzes. In einem Handelskrieg könnten einige Länder diese Steuersätze erhöhen, während andere Länder neue erheben könnten.
Das auf Abonnements basierende Angebot von Netflix könnte jedoch anders behandelt werden als werbebasierte Angebote wie Alphabets Google Search und Metas Facebook. Hohe Werbesteuern wirken sich zwar auf die Verbraucherpreise aus, werden den Verbrauchern aber als eine von vielen Kostenpunkten verborgen. Bei Abonnements würde eine Digitalsteuer jedoch zu direkten Preiserhöhungen führen, und Netflix würde die Gründe für die Erhöhung sicherlich kommunizieren. Das macht digitale Abonnementsteuern zu einer innenpolitischen Belastung.
Netflix internationale Präsenz und schiere Größe lässt sich nicht so einfach kopieren
Länder könnten zudem neue lokale Investitionsauflagen einführen, doch ein solcher Schritt könnte Netflix, das bereits erheblich in die lokale Wirtschaft investiert, tatsächlich schützen. Laut Bernstein-Analyst Laurent Yoon investierte Netflix zwischen 2020 und 2023 6,8 Mrd. USD in Europa und unterhielt elf lokale Niederlassungen und Produktionszentren.
Netflix lizenziert laut Yoon auch viele ausländische Inhalte. Rund 60 % aller Titel auf Netflix stammen aus nicht-amerikanischen Quellen. "Keine andere Plattform kommt dem auch nur nahe", sagte Yoon. Diese Lizenzgebühren für lokale Produzenten sind ein weiterer Grund, warum Länder davor zurückschrecken könnten, Netflix zu bestrafen. Netflix könnte sogar vor internationalen Boykotten US-amerikanischer Produkte geschützt werden. Das Unternehmen ist in fast allen Märkten, in denen es konkurriert, der führende Streaming-Anbieter, und es wird schwer sein, es durch lokale Alternativen zu ersetzen. Sogar in Frankreich, wo die Regierung große Anstrengungen unternimmt, um die lokale Kultur zu schützen, hat der französische Sender Canal Plus laut Yoon eine weitaus kleinere Abonnentenbasis als Netflix.