Starbucks (i)(SBUX) steht vor einem tiefgreifenden Umbau. Nach schwachen Quartalen, steigenden Kosten und wachsendem Konkurrenzdruck setzt CEO Brian Niccol auf einen radikalen Kurswechsel. Mit dem Programm "Back to Starbucks" sollen hunderte schwächelnde Filialen geschlossen, 900 Stellen gestrichen und über eine Mrd. USD in Restrukturierung gesteckt werden. Die Kaffeekette möchte zurück zu ihrem ursprünglichen "dritten Ort"-Gefühl führen und zugleich die Margen stabilisieren. Für Investoren heißt das kurzfristig Geduld und die Hoffnung zu bewahren, dass sich die bitteren Einschnitte langfristig auszahlen.
"Back to Starbucks" - Warum Starbucks gerade durch ein Tal muss
Starbucks steckt in einer operativen und emotionalen Vertrauenskrise. In Nordamerika schwächeln die flächenbereinigten Umsätze seit sechs Quartalen in Folge, preisbewusstere Verbraucher und dichter Wettbewerb nagen am Besucherstrom, während höhere Input- und Lohnkosten die Margen drücken. CEO Brian Niccol zieht deshalb die Notbremse und will mit der Philosophie "Back to Starbucks" das ursprüngliche Kaffeehaus-Gefühl, das sich durch Wärme, Aufenthalt, Service und Handwerk auszeichnet, wieder in den Mittelpunkt rücken. Mehr Sitzplätze, ruhigeres Design, längere Verweildauer, spürbar mehr Partner in Stoßzeiten und neue, aber fokussiertere Speisen- und Getränkeimpulse soll dazu beitragen. Das Café wird wieder zu einem Wohlfühlort statt zu einer reinen Abholstation.
Der CEO-Brief - Schließen, straffen, aufwerten und näher an den Gast
In seinem Schreiben vom 25. September kündigt Niccol zwei harte Schritte an. Erstens wird das nordamerikanische Café-Portfolio konsequent bereinigt. Alle Standorte in den USA und Kanada, die weder das gewünschte Ambiente noch eine tragfähige Performance erreichen, werden geschlossen. Unter Einbezug von Eröffnungen sinkt die Zahl der operierten Shops in Nordamerika im Geschäftsjahr 2025 netto um etwa 1 % auf fast 18.300. Schätzungen peilen demnach rund 500 Bruttoschließungen an. Parallel sollen in den nächsten zwölf Monaten über 1.000 Filialen architektonisch und atmosphärisch aufgewertet werden. Zweitens baut Starbucks außerhalb des Einzelhandels rund 900 Stellen ab und friert zahlreiche offene Office-Rollen ein. Betroffene Partner erhalten Versetzungsangebote oder Abfindungspakete. Ergänzend forciert das Management Investitionen "näher am Café". Zusätzliche Schichten in Stoßzeiten, gehobenes Design, Prozess-Innovation und das Service-Programm "Green Apron", für das im kommenden Jahr über 500 Mio. USD an Arbeitsstunden fließen.
Zahlen, Kosten, Einsparlogik - Was der Umbau finanziell bedeutet
Für die Restrukturierung kalkuliert Starbucks rund 1 Mrd. USD ein, etwa 150 Mio. USD für Abfindungen und rund 850 Mio. USD für Sanierungsmaßnahmen, davon ca. 90 % in Nordamerika und mit dem Schwerpunkt im Geschäftsjahr 2025. Konkrete jährliche Einsparziele beziffert das Unternehmen nicht. Die Stoßrichtung ist klar. Ein schlankerer Overhead, weniger unproduktive Mieten, besser ausgelastete, einladendere Cafés und mehr Umsatz pro Stunde durch besser besetzte Teams. Belastend wirken zugleich externe Faktoren wie teurere Kaffeebohnen aufgrund von ungünstigem Wetter in Westafrika und ein 50 %-US-Zoll auf Brasil-Bohnen bei gleichzeitigem Verzicht auf Preiserhöhungen 2025. Für Aktionäre heißt das kurzfristig. Restrukturierungsaufwand, anhaltende Portfolio-Bereinigung und Geduld bei der Margenerholung. Mittel- bis längerfristig schließt Starbucks Wachstum nicht aus – im Gegenteil. Nach der Netto-Reduktion 2025 plant das Unternehmen für 2026 wieder mehr Standorte und weitere Investitionen, allerdings selektiver an frequenz- und margenstärkeren Lagen sowie mit höherer Renovierungsquote statt reiner Flächenexpansion.
Konkurrenzdruck steigt - Luckin Coffee attackieren Preis, Tempo und Gewohnheiten
Besonders in China, dem zweitgrößten Markt, setzt Starbucks der lokale Herausforderer Luckin Coffee mit aggressiver Preisgestaltung, hoher Neuerungstakt und dichter Urban-Abdeckung unter Druck. Die China-Comps sanken jüngst um 8 %, worauf Starbucks Preise für Non-Coffee-Drinks senkte und nun sogar einen Minderheits-Partner für das China-Geschäft prüft. Doch auch in Nordamerika verschiebt sich der Kaffeekonsum- Quick-Service-Ketten, Convenience-Formate und Promotions der Wettbewerber erhöhen den Preisdruck, während junge Zielgruppen stärker zu günstigeren Varianten und schneller Abholung tendieren. Starbucks kontert mit kuratierten Innovationen etwa proteinreichen Optionen, verbesserter Onlinesuche in seiner App, Checkout-Upgrades und mehr Aufenthaltsqualität. Alles mit dem Ziel, wieder häufiger, länger und zufriedeneren Besuch auszulösen, statt nur Tickets über Discounts zu treiben.
Kurze Schmerzen, langer Atem – wenn "Back to Starbucks" mehr ist als ein Slogan
Der Kurs ist mutig. Unpopuläre Schließungen, 900 Office-Jobs weniger und hohe Einmalkosten heute, um morgen ein fokussierteres, auf den Gast zentriertes Netzwerk zu betreiben. Gelingt es, das Café wieder zum begehrten Ort zu machen, die Peak-Stunden operativ zu meistern und das Angebot effektiv zu erweitern, dann kann Starbucks Traffic, Mix und Margen nachhaltig drehen. Zunächst durch bessere bestehende Läden, anschließend durch Eröffnungen an profitableren Standorten. Für Investoren bedeutet das in der Übergangsphase mit Volatilität zu rechnen, aber auf die Qualität der Transformation zu achten. Frontline-Service, Ladenqualität und selektives Wachstum sind die Kennzahlen, an denen sich Starbucks messen lassen muss.