Nach jahrelangen Spekulationen, einem gescheiterten SPAC-Deal und einer strategischen Neuausrichtung ist es nun offiziell: Die israelische Online-Trading-Plattform eToro hat am 14. Mai 2025 erfolgreich den Schritt an die Börse gewagt – und das mit einem Paukenschlag. Die Aktie stieg am ersten Handelstag auf bis zu 69,69 USD und schloss bei 67 USD – ein Kursplus von 29 % gegenüber dem Ausgabepreis von 52 USD. Die Bewertung lag damit bei über 5,4 Mrd. USD.
Für eToro-CEO Yoni Assia ist der Börsengang mehr als nur ein Meilenstein. "Für uns ist eine hohe Volatilität gut für das Geschäft", sagte er dem Handelsblatt. Während viele Unternehmen in Zeiten geopolitischer Spannungen und schwankender Märkte zögern, sieht eToro gerade darin einen Wettbewerbsvorteil.
Hintergrund: Von der Vision zur Realität
Gegründet 2007 in Tel Aviv von den Brüdern Yoni und Ronen Assia sowie David Ring, hatte sich eToro das Ziel gesetzt, den Zugang zu globalen Finanzmärkten zu demokratisieren. Das zentrale Alleinstellungsmerkmal: das Social-Trading-Modell. Nutzer können auf der Plattform nicht nur selbst traden, sondern auch Strategien erfolgreicher Investoren automatisch kopieren. Heute zählt eToro über 40 Mio. registrierte Nutzer in mehr als 75 Ländern.
Bereits 2021 plante eToro den Gang an die Börse – damals über eine SPAC-Fusion. Doch das Timing war schlecht, der Hype um die Börsenvehikel verflog, und eToro verpasste den Moment. Damals wurde das Unternehmen noch mit rund 10,4 Mrd. USD bewertet – eine Zahl, die heute realistischer erscheint denn je.
Starke Zahlen, klare Strategie
Der Börsengang 2025 erfolgt nun auf soliderer Grundlage. Im Jahr 2024 erwirtschaftete eToro einen Umsatz von 824 Mio. USD – ein Anstieg von 42 % im Vergleich zum Vorjahr. Der Nettogewinn stieg auf 192 Mio. USD – nahezu das Dreizehnfache des Gewinns von 2023. Damit ist eToro der strategische Turnaround gelungen: vom wachstumsgetriebenen Fintech zum profitablen Onlinebroker.
Fast 40 % der Einnahmen stammten aus dem Handel mit Kryptowährungen – einem Segment, das trotz regulatorischer Unsicherheiten weiter wächst. Gleichzeitig erweiterte eToro sein Angebot um klassische Anlageprodukte wie ETFs, Rohstoffe und Aktien. Der Fokus liegt klar auf Plattformbreite und Nutzerbindung.
Die IPO-Erlöse in Höhe von rund 620 Mio. USD – erzielt durch den Verkauf von knapp 11,9 Mio. Aktien zu 52 USD – sollen vor allem in technologische Weiterentwicklung, internationale Expansion (insbesondere Asien und Lateinamerika) und gezielte Übernahmen fließen.
Ein Börsengang mit Signalwirkung
Der IPO von eToro fällt in eine Phase, in der viele Unternehmen den Gang aufs Parkett scheuen. Weltweit blieb die Zahl der Börsengänge im 1. Quartal 2025 zwar stabil, doch geopolitische Unsicherheiten – insbesondere der US-Zollstreit – machen Investoren vorsichtiger. In den USA jedoch zeigt sich der Markt wieder robuster: 59 IPOs wurden im ersten Quartal durchgeführt, das sind 55 % mehr als im Vorjahr.
Dass sich eToro trotzdem für diesen Zeitpunkt entschied, zeigt nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auch Marktverständnis. "Unser Geschäft wächst sehr stark", betonte Assia. Die derzeitige Marktphase erinnere ihn an die Dynamik zu Beginn der Coronapandemie – auch damals nutzten viele Privatanleger die Turbulenzen für ihre ersten Investitionen.
Herausforderungen bleiben
Trotz des erfolgreichen Börsendebüts ist eToro nicht frei von Risiken. Der regulatorische Druck im Krypto- und Finanzbereich nimmt zu – insbesondere in den USA und Europa. Auch der Wettbewerb mit etablierten Playern wie Robinhood, Interactive Brokers oder Trade Republic bleibt intensiv. Hinzu kommt: Die Bewertung ist ambitioniert – die Erwartungshaltung der Investoren entsprechend hoch.
Fazit
eToro hat mit seinem IPO nicht nur ein starkes Zeichen an den Kapitalmarkt gesendet, sondern sich auch als Gewinner in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld positioniert. Während andere abwarten, nutzte eToro die Volatilität als Sprungbrett – und bekam recht. Ob der Social-Trading-Pionier seinen Wachstumspfad nachhaltig fortsetzen kann, wird sich zeigen. Die Voraussetzungen dafür waren selten besser.