Lockheed Martin durchlebt ein herausforderndes Quartal. Zwar laufen Schlüsselprogramme wie der F-35 Kampfjet weiterhin stabil und stoßen international auf rege Nachfrage, doch das Management musste schwere Altlasten einräumen. Infolge einer umfassenden Programmüberprüfung wurden Verluste von insgesamt 1,8 Mrd. USD verbucht – vor allem auf Projekte, die in der Vergangenheit zu starr kalkuliert wurden. Als Folge senkte der Konzern seine Gewinnprognose spürbar: Statt zuvor erwarteter rund 27 USD je Aktie rechnet man für das Gesamtjahr nur noch mit 21,70 bis 22 USD. Diese Anpassung kam an der Börse nicht gut an – die Aktie verlor am Dienstag rund 11 % an Wert.
Zukunftsprogramme im Fokus – trotz schwerer Altlasten
Der Konzern will aus den Rückschlägen Konsequenzen ziehen. Interne Prozesse wurden überarbeitet, ein neues Kontrollsystem eingeführt, das künftig Risiken früher sichtbar machen soll. Gleichzeitig läuft das operative Geschäft in zentralen Bereichen weiterhin stabil. Die F-35 bleibt ein internationales Zugpferd, Aufträge aus Belgien und dem Vereinigten Königreich stärken das Rückgrat des Aeronautikbereichs. Auch Raketenprogramme und die Raumfahrtsparte tragen zur operativen Stabilität bei – allerdings reicht das aktuell nicht aus, um die Belastungen aus den problematischen Altverträgen zu kompensieren.
Steuerstreit bringt zusätzliche Unsicherheit
Als wäre das nicht genug, kommt noch ein Streit mit der US-Steuerbehörde hinzu: Das Finanzamt fordert 4,6 Mrd. USD – eine Summe, die Lockheed als unberechtigt einstuft. Zwar wurde bislang nur ein Bruchteil dieser Summe zurückgestellt, doch die Unsicherheit über den Ausgang bleibt. Gerade in einer Phase, in der das Unternehmen Investoren Stabilität vermitteln will, ist das ein zusätzlicher Stolperstein.
Analysten fordern Klarheit – Management bemüht sich
Bei der Telefonkonferenz traten die Analysten ungewöhnlich kritisch auf. Fragen nach den Ursachen der Programmverluste, der Wirksamkeit neuer Kontrollmechanismen und der mittelfristigen Cashflow-Perspektive bestimmten das Bild. Das Management gab sich offen, räumte Fehler ein und verwies auf bereits umgesetzte Änderungen. Doch das Signal war klar: Die Investoren wollen mehr als Absichtserklärungen – sie erwarten konkrete Fortschritte.
Fazit: Vertrauen beschädigt, Fundament intakt
Der deutliche Kursverlust ist Ausdruck schwindenden Vertrauens – nicht in Lockheed Martins technologische Kompetenz, sondern in die interne Steuerung komplexer Programme. Der Rückgang der Gewinnprognose um rund 20 % zeigt, wie tief die Probleme reichen. Gleichzeitig bleibt die Substanz des Konzerns stark: Die Nachfrage ist hoch, die Produkte bewährt, der Auftragsbestand groß. Gelingt es dem Management, die neuen Kontrollstrukturen mit Leben zu füllen, könnte die aktuelle Schwäche nur eine Episode in einer langfristig erfolgreichen Entwicklung sein. Doch der Vertrauensvorschuss ist vorerst aufgebraucht.