Broadcom (AVGO) ist einer der großen, oft unterschätzten Gewinner des KI-Booms. Broadcom liefert die essenziellen Bausteine für Rechenzentren, Netzwerke und maßgeschneiderte KI-Infrastruktur, doch selbst bei Rekordgewinnen reagiert die Börse nervös. Es geht nicht nur um Rekorde, sondern um Margen, Kundenabhängigkeit und die Frage, wie profitabel der nächste Wachstumsschritt im KI-Zeitalter wirklich sein wird. Der Kurs gibt um 4,5 % nach.
Broadcoms Maschine - Chips fürs Rückgrat der digitalen Welt
Broadcom ist einer der zentralen Ausrüster der digitalen Welt, auch wenn der Name selten auf Konsumprodukten steht. Das Unternehmen liefert leistungsstarke Halbleiter für Rechenzentren, Netzwerke und KI-Anwendungen sowie Infrastruktursoftware für große Unternehmen und Cloudanbieter. Besonders stark ist Broadcom bei kundenspezifischen KI-Chips (ASICs/XPUs), Hochleistungs-Netzwerkkomponenten wie Ethernet-Switches und bei Software, die den Betrieb komplexer IT-Landschaften ermöglicht. Zu den Kunden zählen vor allem Hyperscaler und Technologiekonzerne, die ihre KI- und Cloud-Infrastruktur massiv ausbauen. Broadcom ist damit tief im Rückgrat der globalen Digitalisierung verankert.
Quartal mit hoher Ertragskraft – Wachstum, Marge und mehr Dividende
Im 4. Quartal lieferte Broadcom ein echtes Rekordergebnis ab. Der Umsatz stieg auf 18,0 Mrd. USD, ein kräftiges Plus von 28 % gegenüber dem Vorjahr, getragen vor allem vom boomenden KI-Halbleitergeschäft. Trotz hoher Investitionen blieb die Profitabilität außergewöhnlich stark. Die bereinigte EBITDA-Marge lag bei rund 68 %, ein Wert, der Broadcom klar von vielen anderen Halbleiterherstellern abhebt. Unter dem Strich erzielte das Unternehmen einen bereinigten Nettogewinn von 9,7 Mrd. USD und übertraf damit die Erwartungen der Analysten deutlich. Der hohe Gewinn schlug sich auch in einem sehr starken freien Cashflow nieder, der dem Management zusätzlichen Spielraum verschafft. Entsprechend selbstbewusst erhöhte Broadcom die Quartalsdividende um 10 % auf 0,65 USD je Aktie und unterstrich erneut seine Rolle als einer der verlässlichsten Cashflow- und Dividendenlieferanten im Technologiesektor.
Der KI-Turbo - Wo das Wachstum wirklich herkommt
Der Treiber des Quartals war nicht subtil, sondern ein echter KI-Punch. Broadcom betonte einen kräftigen Sprung im KI-Halbleitergeschäft und stellte für das Folgequartal sogar eine Verdopplung der KI-Halbleiterumsätze in Aussicht. Entscheidend ist dabei Broadcoms Position im Bauplan der KI-Rechenzentren. Nicht mehr nur Beschleuniger-Silizium, sondern auch Netzwerk-Komponenten wie Ethernet-KI-Switches, also genau die Teile, die eine KI-Fabrik am Ende zusammenhalten, wenn Tausende Chips miteinander sprechen müssen.
Anthropic kommt ans Licht - 10 Mrd. USD und Google-TPUs
Der wohl aufmerksamkeitsstärkste Moment kam in der Telefonkonferenz. Broadcom-Chef Hock Tan nannte den zuvor geheim gehaltenen Großkunden und bestätigte Anthropic als Abnehmer hinter einem 10 Mrd. USD schweren Auftrag. Anthropic habe zusätzlich weitere KI-Chips im Wert von 11 Mrd. USD mit Lieferung bis Ende 2026 bestellt. Brisant ist der technische Unterton. Laut Tan setzt Anthropic dabei auf Googles TPUs, an deren Ökosystem Broadcom maßgeblich beteiligt ist. Für die Aktie ist das grundsätzlich ein Qualitätssiegel. Es zeigt, dass Broadcom im Rennen um "Custom Silicon" nicht nur mitläuft, sondern bei Top-KI-Labs echte Volumina sieht. Gleichzeitig erhöht es aber die Markt-Nervosität rund um zwei Fragen. Wie margenträchtig sind komplette Systeme/Racks im Vergleich zu einem reinen Chipgeschäft und wie abhängig wird Broadcom von wenigen, sehr großen KI-Kunden? Genau diese Spannung war im nachbörslichen Handel spürbar, bei der die Aktie nachgab.
Microsoft-Gerücht - Eigene Chips als Fluch oder Milliardenhebel?
Parallel kursieren Berichte, dass Microsoft Gespräche mit Broadcom über kundenspezifische KI-Chips führt. Für Broadcom wäre das ein potenziell riesiger Türöffner. Microsoft baut seine KI-Kapazitäten aggressiv aus, und "Custom Chips" sind der logische Schritt, um Kosten, Energieeffizienz und Lieferketten besser zu kontrollieren. Für Anleger steckt darin aber auch das typische Big-Tech-Paradoxon. Je mehr Hyperscaler selbst designen, desto größer wird zwar der Bedarf an Broadcom-Know-how, doch desto härter wird auch der Preisdruck, weil diese Kunden eine enorme Verhandlungsmacht haben. Strategisch ein Rückenwind, taktisch ein Thema, das Margen- und Konzentrationsdebatten weiter anheizt.
Laut Ausblick noch einen Gang höher – aber die Marge wackelt leicht
Für das 1. Quartal 2026 stellte Broadcom rund 19,1 Mrd. USD Umsatz in Aussicht. Das wäre ein Wachstum von 28 % zum Vorjahr. Die bereinigte EBITDA-Marge soll etwa 67 % erreichen. Das lag in Berichten über den Erwartungen der Wall Street, eigentlich der klassische Stoff für eine Kursfeier. Doch ausgerechnet hier steckt der Haken. Broadcom signalisierte, dass die Marge im Quartal um etwa 100 Basispunkte sinken könnte, weil der KI-Anteil am Umsatz steigt und bestimmte KI-System-Umsätze tendenziell weniger Marge tragen. Der Markt liebt Wachstum, aber er liebt es noch mehr, wenn Wachstum die Marge nach oben zieht.
Rekordzahlen und trotzdem ein Dämpfer nachbörslich
Warum fiel die Aktie nachbörslich dennoch um rund 4,5 %? Weil der Markt an diesem Abend nicht nach den erreichten Ergebnissen handelte, sondern nach dem Kleingedruckten. Hinweise auf leicht sinkende Margen durch den KI-Mix, Sorgen über Kundenkonzentration und die Profitabilität von KI-Systemumsätzen sowie ein gutes Stück Gewinnmitnahmen nach einem bereits sehr starken Kursjahr. Zudem wirkte die Kundennachricht zweischneidig. Anthropic ist ein Ritterschlag, aber eben auch ein weiteres Beispiel dafür, wie stark das Wachstum an wenigen großen KI-Budgets hängt und wie schnell Investoren von mehr KI auf zu viel KI-Ausgaben mit zu wenig Marge umschalten können. Genau dieser Stimmungswechsel ließ die Aktie während der Telefonkonferenz ins Minus kippen, obwohl die Zahlen selbst glänzten.








