Mehrere auf sozialen Medien veröffentlichte Videos aus Austin (Texas) haben in den letzten Tagen die Aufmerksamkeit der US-Verkehrsaufsicht NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) auf sich gezogen. In den Aufnahmen sind autonome Tesla-Fahrzeuge zu sehen, die sich offenbar verkehrswidrig verhalten – unter anderem, indem sie ohne ersichtlichen Grund doppelte Mittelstreifen überfahren oder mit überhöhter Geschwindigkeit durch Wohngebiete fahren. Die Fahrzeuge stammen aus einem neuen Tesla-Pilotprogramm, das seit Kurzem in Austin getestet wird und auf dem vollständig autonom fahrenden Model Y basiert.
US-Behörde fordert Aufklärung von Tesla
Die NHTSA bestätigte inzwischen, dass man wegen der Vorfälle Kontakt zu Tesla aufgenommen habe. Man fordere weitere Informationen an, um potenzielle Sicherheitsrisiken zu bewerten. Tesla hat sich bislang nicht öffentlich zu den konkreten Vorwürfen geäußert, erklärte jedoch gegenüber der Behörde, dass die angeforderten Informationen als vertrauliche Unternehmensdaten einzustufen seien und daher nicht veröffentlicht würden.
Robotaxi-Test mit menschlichem Beobachter
Das Robotaxi-Programm war in Austin am Wochenende gestartet worden – zunächst nur mit ausgewählten Nutzern auf Einladung. Die autonomen Fahrzeuge operieren täglich zwischen 6 Uhr morgens und Mitternacht innerhalb eines festgelegten Stadtgebiets. Pro Fahrt wird eine Pauschale von 4,20 USD berechnet. Während sich die Fahrgäste im hinteren Bereich befinden, sitzt vorn ein Tesla-Mitarbeiter als sogenannter Sicherheitsbeobachter, der aber nicht aktiv ins Fahrgeschehen eingreift.
Regelverstöße werfen Fragen zur Sicherheit auf
Die Kritik entzündete sich nicht nur an einzelnen Fahrmanövern, sondern auch daran, dass es keine transparente Prüfung durch unabhängige Stellen gegeben habe. Während die NHTSA das Recht hat, autonome Systeme nachträglich zu untersuchen, existiert in den USA bislang kein generelles Zulassungsverfahren für derartige Software. Hersteller wie Tesla müssen lediglich sicherstellen, dass ihre Systeme mit geltenden Sicherheitsstandards konform sind. Die Behörde prüft indes weiterhin Unfälle im Zusammenhang mit Teslas Full-Self-Driving-System, darunter auch einen Zusammenstoß mit tödlichem Ausgang im Jahr 2023.
Fokus auf autonome Dienste statt Privatfahrzeuge
Die Robotaxis sind Teil eines strategischen Kurswechsels bei Tesla, der sich zunehmend weg vom klassischen Automobilgeschäft hin zu dienstleistungsorientierten Mobilitätslösungen bewegt. Parallel zur Testphase in Austin bereitet das Unternehmen die offizielle Vorstellung seines speziell für den autonomen Einsatz konzipierten Robotaxi-Modells vor, das laut CEO Elon Musk am 8. August präsentiert werden soll. Anders als frühere Tesla-Fahrzeuge ist das neue Modell weder für den Privatkauf noch für den Eigenbetrieb gedacht – es wird ausschließlich über Teslas eigene Mobilitätsplattform buchbar sein. Diese neue Fahrzeuggeneration ist nicht nur vollständig auf den autonomen Betrieb optimiert, sondern soll auch radikal anders aussehen als herkömmliche Autos – ohne Lenkrad, Pedale oder menschliche Eingriffe. Branchenbeobachter werten diesen Schritt als Versuch, das Unternehmen unabhängiger von stagnierenden Verkaufszahlen im klassischen Automarkt zu machen und gleichzeitig den margenstarken Mobilitätsdienstleistungssektor zu erschließen. Sollte der Rollout gelingen, könnte Tesla damit nicht nur technologisch, sondern auch geschäftsmodellseitig neue Maßstäbe setzen.
Elon Musk sieht Meilenstein – Nutzer zeigen gemischte Reaktionen
Trotz der kritischen Stimmen wurde der Testlauf in Austin von Tesla selbst als Meilenstein gefeiert. Firmenchef Elon Musk kündigte an, das Programm rasch auszuweiten. Ziel sei es, Hunderte Robotaxis zunächst in Texas, später auch in Kalifornien auf die Straße zu bringen. Erste Nutzer des Dienstes zeigten sich in sozialen Netzwerken beeindruckt vom "Zukunftsgefühl" während der Fahrten. Die Reaktionen reichten von begeisterter Neugier bis zu vorsichtiger Skepsis angesichts der dokumentierten Fahrfehler.
Texas plant neue Regeln für autonome Mobilität
Parallel dazu bereitet Texas neue gesetzliche Rahmenbedingungen für autonome Fahrzeuge vor. Ab dem 1. September soll ein Regelwerk greifen, das unter anderem technische Sicherheitsnachweise sowie eine verpflichtende Kooperation mit Aufsichtsbehörden vorschreibt. Es ist davon auszugehen, dass die aktuellen Ereignisse in Austin den politischen Druck zur Regulierung autonomer Mobilität weiter erhöhen werden.
Zwischen Aufbruch und Bewährungsprobe
Die kommenden Wochen könnten damit zur Bewährungsprobe für Tesla werden – sowohl im Hinblick auf technologische Reife als auch regulatorische Transparenz. Das Robotaxi-Experiment, das als Triumph gefeiert wurde, steht plötzlich im Fokus eines sicherheits- und rechtspolitischen Diskurses, dessen Ausgang noch völlig offen ist.