Während Städte im Verkehr ersticken, arbeitet Archer Aviation (ACHR) an einer Zukunft über den Dächern. Elektrisch, leise und emissionsfrei. Das US-Startup will mit seinen eVTOLs den urbanen Transport revolutionieren. Ein rätselhafter Tesla-Teaser brachte die Aktie zuletzt zum Höhenflug, doch hinter dem Hype steckt echte Substanz. Rekordflüge, Partnerschaften und politischer Rückenwind zeigen, dass der Traum vom Flugtaxi kurz davor ist, abzuheben.
Ein Hauch von Morgen - Wer ist Archer Aviation und was sind eVTOLs?
Archer Aviation ist ein US-amerikanisches Luftfahrt-Startup, das elektrische Senkrechtstarter, sogenannte eVTOLs (electric vertical take-off and landing), entwickelt. Damit will das Unternehmen die urbane Mobilität neu definieren. Kurze, leise und emissionsarme Flüge über Staus und Straßen hinweg. Im Mittelpunkt steht das Modell Midnight, ausgelegt für einen Piloten und bis zu vier Passagiere. Dank redundanter Batteriesysteme, mehrerer Elektromotoren und eines aerodynamischen Designs soll Midnight effizient, sicher und schnell laden können. Archer verfolgt das Ziel, Pendelverkehr in Städten hin zu einem mehrdimensionalen Verkehrsraum zu revolutionieren, in dem Flugtaxis den Alltag ergänzen.
Tesla-Teaser und Kursrakete – Spekulationen beflügeln die Aktie
Ein kryptisches Teaser-Video von Tesla sorgte für merkliche Bewegungen im Markt. Ein Video mit einem sich drehenden Tesla-Logo und der Angabe "10/7" ließ Raum für Interpretationen wie etwa ein neues Produkt oder sogar ein Einstieg in den Luftfahrtbereich. Kurz darauf veröffentlichte Archer einen eigenen Clip, das seinen Midnight eVTOL zusammen mit Tesla-Anspielungen zeigte. Grund genug, um Gerüchte über eine mögliche Partnerschaft zu entfachen. Die Folgen waren deutlich spürbar. Die Archer-Aktie sprang um rund 18 % nach oben. Ein typischer Hype-Moment, getragen von Erwartungen statt Fakten. Doch jenseits dieser Spekulationen kann Archer bereits reale technologische Erfolge vorweisen, die den Traum vom Flugtaxi greifbar machen.
Höhenrekorde, die Grenzen verschieben
In jüngster Zeit gelang Archer, mit seinem Midnight-Fluggerät neue Höhen zu erklimmen. So wurden Flüge in bis zu 2.100 Metern Höhe (ca. 7000 Fuß) durchgeführt, womit das bisherige Ceiling-Limit deutlich überschritten wurde. Dieser Schritt erweitert den operativen Handlungsspielraum gerade in Städten mit Hochhäusern oder hoher Luftraumstruktur. Damit zeigt Archer, dass seine Konstruktion nicht nur im tiefen Pendelmodus, sondern auch mit ausreichender Steighöhe stabil und kontrollierbar bleibt. Besonders bemerkenswert ist, dass das Unternehmen darüber hinaus Höhenflüge in bis zu 10.000 Fuß in Aussicht gestellt hat.
Der 88 km lange Rekordflug - kein Phantom, sondern Realität
Ein weiterer Durchbruch war der bisher längste bemannte Flug mit Midnight. In rund 31 Minuten legte das Fluggerät über 88 Kilometer zurück bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 203 km/h. Der Flug wurde auf dem Testgelände in Salinas, Kalifornien, durchgeführt und demonstriert die echte Reichweitenfähigkeit unter realen Bedingungen. Damit bewies Archer, dass Midnight nicht nur kurze Hopser, sondern auch ernsthafte Pendelstrecken bewältigen kann. Eine wichtige Validierung der Batterie-, Leistungs- und Steuerungssysteme. Das steigert das Vertrauen, dass die Technologie nicht nur in der Pilotphase, sondern im kommerziellen Betrieb bestehen kann.
Rückenwind von der Politik – Förderung durch eVTOL-Pilotprogramm
Damit die Vision nicht nur Architektur bleibt, braucht es regulatorische Öffnungen. Genau hier setzt das eVTOL Integration Pilot Program (eIPP) des Weißen Hauses an, eine Bundesinitiative, die Städte, Luftfahrtbehörden und Hersteller zusammenbringen soll, um elektrisch senkrecht startende Flugzeuge unter realen Bedingungen zu testen. Archer hat offiziell Interesse bekundet, an diesem Programm teilzunehmen und potenzielle Testläufe mit US-Städten und Fluggesellschaften insbesondere United Airlines zu planen. Diese Machbarkeitstests sollen leise, sicher und skalierbar sein und erstmals den operativen Mehrwert von Lufttaxis im städtischen Umfeld demonstrieren. Mit staatlicher Unterstützung entsteht damit eine Brücke von der Pilotphase zur Zulassung, ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zur Kommerzialisierung.
Soracle & Osaka – Der internationale Coup in Japan
Parallel zu den US-Förderprogrammen treibt Archer seine globale Expansion voran. Das Joint Venture Soracle, gegründet von Japan Airlines und der Sumitomo Corporation, wurde beauftragt, Archers Midnight-Flugzeuge als Kernflotte für Lufttaxi-Dienste in Osaka einzusetzen. Damit ist Archer der einzige US-Hersteller mit einer Schlüsselrolle beim Aufbau dieses zukunftsweisenden Mobilitätsnetzes. Die Strategie sieht vor, durch enge Partnerschaften mit lokalen Behörden und Infrastrukturplanern frühzeitig Marktpräsenz zu sichern. Osaka könnte so zum Pilotstandort moderner Luftmobilität in Japan werden. Bei der California International Air Show präsentierte Archer den Midnight in öffentlichen Demonstrationsflügen – leise, stabil und beeindruckend. Eine erste Kostprobe dessen, wie urbane Mobilität bald aussehen könnte.
Zwischen Bodenhaftung und Höhenflug
Archer Aviation balanciert zwischen technologischem Fortschritt und Markthype. Rekordflüge und Reichweiten zeigen bereits echte Flugtauglichkeit, während Programme wie das eVTOL-Pilotprojekt und Partnerschaften mit Soracle die globale Expansion untermauern. Der Tesla-Hype brachte kurzfristig Auftrieb, doch die wahre Stärke liegt in Archers realer Entwicklungsarbeit. Das Unternehmen steht am Wendepunkt von der Vision zur greifbaren Wirklichkeit einer neuen Ära urbaner Mobilität. Beobachter und Investoren sollten gespannt bleiben, denn die Zukunft könnte sich in den Wolken abspielen.