Der Flugzeugproduzent Boeing (BA) meldet sich eindrucksvoll zurück. Mit der höchsten Zahl ziviler Flugzeugauslieferungen seit 2018, einem neuen US-Milliardenauftrag für strategische Satelliten und der Rückkehr auf den chinesischen Markt zeigt der amerikanische Luftfahrtkonzern klare Erholungstendenzen. Doch ein tragischer Flugzeugabsturz in Indien wirft Fragen auf und erinnert daran, dass Boeing weiterhin zwischen Aufbruch und Altlasten navigieren muss.
Boeing – Amerikas Luftfahrtgigant mit zivilem und militärischem Schwerpunkt
Die Boeing Company mit Hauptsitz in Arlington, Virginia, zählt zu den weltweit bedeutendsten Herstellern von Verkehrs- und Militärflugzeugen, Raumfahrttechnik und Satellitensystemen. In der zivilen Luftfahrt dominiert Boeing mit den Modellen 737 Max, 787 Dreamliner, 777, 767 und dem seltener produzierten Jumbo-Jet 747. Im militärischen Bereich umfasst das Portfolio Kampfjets wie den F-15 und F/A-18, Transport- und Tankflugzeuge wie die KC-46 Pegasus, Hubschrauber wie den AH-64 Apache und CH-47 Chinook sowie Seeaufklärer vom Typ P-8 Poseidon. Auch Kommunikationssatelliten und Raumfahrtsysteme gehören zum Kerngeschäft.
Zivile Auslieferungen auf Höchststand – Boeing meldet bestes 2. Quartal seit 2018
Boeing hat im 2. Quartal 2025 150 zivile Flugzeuge ausgeliefert – ein beeindruckender Anstieg gegenüber den 92 Einheiten im Vorjahresquartal und das beste 2. Quartal seit 2018. Besonders hervorzuheben ist der Monat Juni, in dem 60 Maschinen ausgeliefert wurden – ein Plus von 27 % im Vergleich zum Vorjahr. Darunter waren allein 42 737 Max-Jets, Boeings Bestseller, der an Kunden wie Southwest Airlines, United und Alaska geliefert wurde. Weitere 24 Dreamliner, 13 vom Typ 777 und 5 Modelle der 767 Serie rundeten das zivile Gesamtvolumen ab. Erstmals seit dem Zollstreit mit China wurden wieder acht Flugzeuge an chinesische Airlines übergeben, ein potenzielles Signal für eine Entspannung der transatlantischen Handelsbeziehungen. Diese starke Leistung ist auch deshalb bemerkenswert, weil Boeing sich weiterhin von Produktionsproblemen und dem Krisenjahr rund um den Türstopfen-Zwischenfall im Januar erholt. CEO Kelly Ortberg betonte Fortschritte bei Qualität und Produktionsrate – aktuell liegt die 737-Fertigung bei rund 38 Jets pro Monat, mit Ziel auf 42 pro Monat, vorbehaltlich FAA-Genehmigung.
Stabile Verteidigungssparte – 36 militärische Auslieferungen im Quartal
Im militärischen Segment lieferte Boeing im 2. Quartal 36 Systeme aus. Dazu gehören 12 Apache-Kampfhubschrauber, davon 2 neu gebaute und 10 überholte, 5 erneuerte CH-47 Chinooks, 4 F/A-18-Kampfjets, 3 F-15-Jets sowie 5 Tankflugzeuge des Typs KC-46 Pegasus. Ergänzt wurden diese durch 4 MH-139-Hubschrauber, 2 Satelliten und 1 P-8-Seeaufklärer. Obwohl das Volumen im Vergleich zur Zivilsparte niedriger ausfällt, bleibt das Geschäft mit Regierungsbehörden und Streitkräften ein verlässlicher und margenstarker Pfeiler in Boeings Portfolio – insbesondere angesichts der globalen Aufrüstungstrends und langfristiger US-Verteidigungsverträge.
Boeing erhält Milliardenauftrag für strategische Satelliten
Ein weiterer Meilenstein ist der frisch vergebene 2,84 Mrd. USD schwere Auftrag der US-Regierung für die Entwicklung und Fertigung von vier Evolved Strategic Satellites. Diese Kommunikationssatelliten sind Teil eines strategischen Verteidigungsprogramms und sollen bis Ende 2033 fertiggestellt werden. Das Projekt wird im kalifornischen El Segundo realisiert und startet mit einer Anschubfinanzierung von 100 Mio. USD im laufenden Fiskaljahr. Mit diesem Deal festigt Boeing seine Schlüsselrolle in der militärischen Raumfahrt und der sicherheitskritischen Kommunikation – ein Bereich, der durch geopolitische Spannungen weltweit zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Absturz in Indien wirft Schatten – Untersuchungsergebnisse stehen noch aus
Überschattet wurden die jüngsten Erfolge durch den tragischen Absturz einer Boeing 787 der Air India am 12. Juni, kurz nach dem Start vom Flughafen Ahmedabad. Die Maschine, eine zwölf Jahre alte 787 mit 41.700 Flugstunden, stürzte weniger als eine Minute nach dem Abheben ab. Hinweise deuten auf einen möglichen doppelten Triebwerksausfall hin – im Fokus steht u. a. die Notauslösung der Ram Air Turbine, ein Hinweis auf schweren Energieverlust. Beide Flugdatenschreiber wurden geborgen, die Analyse läuft derzeit in Delhi. Die GEnx-Triebwerke von GE Aerospace, welche die Maschine antrieben, stehen ebenfalls im Fokus. Der vorläufige Unfallbericht wird in den kommenden Wochen erwartet und dürfte entscheidende Hinweise liefern. Boeing reagierte bislang nicht offiziell, doch die Unsicherheit belastet die Aktie. Trotz robuster Auslieferungen verlor das Papier am Tag der Veröffentlichung leicht, ein Zeichen für die Sensibilität des Marktes gegenüber sicherheitsrelevanten Zwischenfällen – insbesondere bei Langstreckenjets wie der 787, von denen Air India über 30 im Einsatz hat.
Starke Performance mit Schattenseite
Boeing zeigt im 2. Quartal 2025 beeindruckende Fortschritte bei der Flugzeugproduktion und Auslieferung. Die Rückkehr nach China, der ESS-Milliardenauftrag und steigende zivile Zahlen signalisieren operative Erholung. Gleichzeitig bleibt der Druck hoch – insbesondere durch sicherheitsrelevante Vorfälle wie in Indien. Anleger und Kunden blicken nun gespannt auf den 29. Juli, wenn Boeing die vollständigen Quartalsergebnisse veröffentlicht und CEO Ortberg weitere Einblicke in Strategie, Produktion und Sicherheit gibt.