Wer auf der Suche nach dem nächsten Profiteur von Energiewende und KI-Boom ist, sollte sich Fluence genauer ansehen. Das Unternehmen liefert Großbatterien für Netze, Solarparks und Rechenzentren und meldete am 25.11.25 rekordvolle Auftragsbücher, ein europäisches Prestigeprojekt und eine wachsende KI-Pipeline. Gleichzeitig kämpft der Konzern mit Anlaufschwierigkeiten in der US-Produktion. Genau dieser Mix aus Rückenwind und Risiko macht die Aktie für Anleger spannend.
Starke Auftragslage, verfehlter Umsatz
Fluence hat seine Zahlen für das Geschäftsjahr 2025 vorgelegt und zeigt ein Bild mit klaren Gegensätzen. Auf der einen Seite steht ein Umsatz von rund 2,3 Mrd. USD, der etwa 300 Mio. USD unter den eigenen Erwartungen liegt. Auslöser waren Verzögerungen beim Hochfahren eines neuen Gehäusewerks in Arizona, das zu wenig Systeme rechtzeitig fertigstellen konnte – ein klassischer Engpass in der Lieferkette.
Auf der anderen Seite überzeugen die Ertragskennzahlen. Die bereinigte Bruttomarge erreichte mit 13,7 % einen Rekordwert, das Adjusted EBITDA lag mit 19,5 Mio. USD am oberen Ende der Prognose. Mit rund 1,3 Mrd. USD an Liquidität, davon über 700 Mio. in bar, verfügt Fluence über ausreichend finanzielle Feuerkraft, um weiter zu wachsen. Die wiederkehrenden Umsätze (ARR) stiegen auf 148 Mio. USD und lagen damit leicht über dem ursprünglichen Ziel – ein wichtiges Signal für die Planbarkeit des Geschäfts.
Für das Geschäftsjahr 2026 gibt das Management einen selbstbewussten Ausblick: Der Umsatz soll auf 3,2 bis 3,6 Mrd. USD steigen, was einem Wachstum von etwa 50 Prozent entsprechen würde. Die Bruttomarge soll zwischen 11 und 13 Prozent liegen, das Adjusted EBITDA zwischen 40 und 60 Mio. USD. Beim ARR peilt Fluence rund 180 Mio. USD an. Bemerkenswert ist, dass etwa 85 Prozent des anvisierten Umsatz-Midpoints für 2026 bereits durch den Auftragsbestand gedeckt sind – die Basis für das Wachstum ist also weitgehend gelegt.
Rekordaufträge und ein europäisches Vorzeigeprojekt
Die starke Auftragslage unterstreicht, dass der Markt für Energiespeicher derzeit deutlich anzieht. Im vierten Quartal verbuchte Fluence einen Rekordauftragseingang von über 1,4 Mrd. USD, der gesamte Auftragsbestand liegt nun bei 5,3 Mrd. USD. Ein besonderes Ausrufezeichen setzt das Unternehmen in Europa: Mit LEAG wurde ein 4-Gigawattstunden-Projekt in Deutschland vereinbart, das als größtes Batterieprojekt der europäischen Geschichte gilt. Dieses Projekt dürfte Fluence nicht nur Umsatz, sondern auch Sichtbarkeit als Technologieanbieter in einem der wichtigsten Energiemärkte der Welt verschaffen.
Technologisch rückt dabei die neue Plattform Smartstack ins Zentrum. Sie kombiniert eine hohe Energiedichte von bis zu 7,5 Megawattstunden pro Einheit mit einer sehr kompakten Flächenausnutzung, sodass sich über 500 Megawattstunden pro Acre (etwa 1200 Hektar) installieren lassen. Gleichzeitig verspricht das Unternehmen niedrigere Installations- und Wartungskosten bei hohen Sicherheits- und Cybersecurity-Standards. Fluence erwartet, dass Smartstack bereits im laufenden Jahr den Großteil der Neuaufträge ausmachen wird und sich damit zum Kernprodukt des Portfolios entwickelt.
Rechenzentren als potenzieller Wachstumsturbo
Besonders viel Fantasie weckt das Segment Rechenzentren, in dem Fluence von der globalen KI-Welle profitieren will. Nach Angaben des Managements laufen derzeit Gespräche über mehr als 30 Gigawattstunden an Projekten in diesem Bereich, ein Großteil dieser Kontakte ist erst in den vergangenen Monaten hinzugekommen. Während der adressierbare Markt für entsprechende Speicherlösungen im letzten Quartal noch auf rund 8 Mrd. USD geschätzt wurde, deutet Fluence inzwischen an, dass das Volumen ein Vielfaches davon erreichen könnte.
Konkret sollen Batteriespeicher Rechenzentren flexibler machen und das Stromnetz entlasten: Sie helfen, den Netzanschluss zu beschleunigen, indem sie Lastspitzen abfangen, sie können einen Teil der Diesel-Notstromaggregate überflüssig machen und langfristig auch die Qualität der Stromversorgung verbessern. Die ersten beiden Einsatzfelder kann Fluence nach eigenen Angaben bereits heute mit seiner bestehenden Technologie bedienen, die Verbesserung der Stromqualität wäre eher ein zusätzlicher Pluspunkt. In den Zahlen wird dieses Geschäftsfeld zunächst aber noch nicht dominieren; viele dieser möglichen Projekte dürften frühestens ab 2027 nennenswerte Umsätze bringen. Für die Fantasie an der Börse könnte das Thema allerdings deutlich früher eine Rolle spielen.
Lieferkette und Regulierung als kritische Baustellen
Trotz aller Wachstumsstory bleibt Fluence mit beiden Beinen in der Realität: Die operativen Risiken sind nicht zu übersehen. Die Probleme im Werk in Arizona haben eindrucksvoll gezeigt, wie abhängig das Geschäftsmodell von reibungslosen Abläufen in der Lieferkette ist. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben mehrere Hundert zusätzliche Mitarbeitende eingestellt und die Produktion deutlich gesteigert. Nun muss sich 2026 zeigen, ob die versprochene Normalisierung tatsächlich gelingt und die ausstehenden Umsätze nachgeholt werden können.
Hinzu kommt ein komplexes regulatorisches Umfeld in den USA. Um Kunden Zugang zu attraktiven Steuergutschriften zu sichern, muss Fluence seine Lieferkette so aufstellen, dass sie den Anforderungen des "One Big Beautiful Bill" (OBBBA) und den Vorgaben zu "Prohibited Foreign Entities" entspricht. Positiv zu werten ist, dass ein zweiter, voll konformer US-Zelllieferant vertraglich gewonnen wurde. Gleichzeitig arbeitet das Unternehmen daran, die Struktur rund um den Partner AESC in Tennessee anzupassen; eine Übernahme des Werks durch Fluence wird als Option offen kommuniziert und könnte tendenziell margensteigernd wirken.







