Adobe (ADBE) bleibt der kreative Standard für Mio. Nutzer weltweit, doch der rasante Aufstieg neuer KI-Tools setzt das Unternehmen zunehmend unter Druck. Während Adobes Programme tief in den Arbeitsalltag von Kreativen eingebettet sind, wächst die Sorge, dass günstige Alternativen und KI-Generatoren Marktanteile abknabbern könnten. Trotz starker Geschäftszahlen und Rekordumsätzen bleibt die Aktie deshalb ein Spiegelbild der Frage: Kann Adobe im KI-Zeitalter seine Dominanz sichern?
Kreativ-Universum unter Beschuss - Adobes neuer KI-Druck
Adobe ist nach wie vor der Werkzeugkasten der Kreativwelt. Photoshop und Lightroom für Fotografie und Bildbearbeitung, Premiere Pro und After Effects für Video, Illustrator und InDesign für Grafik und Layout, Acrobat und Reader für PDFs sowie Express für schnelle Social-Media-Posts und einfache Designs. Über die Creative Cloud und Document Cloud werden diese Programme als Abo bereitgestellt und inzwischen tief mit generativer KI wie Firefly und KI-Assistenten in Photoshop, Express und Acrobat verknüpft. Genau hier entsteht aber die Spannung an der Börse. Einerseits treibt KI die Nutzung und die Zahlungsbereitschaft, andererseits fragen sich viele Investoren, ob günstige Konkurrenzprodukte und neue KI-Tools auf Knopfdruck langfristig Teile von Adobes Kreativ-Suite überflüssig machen könnten. Diese Angst hat die Adobe-Aktie 2025 deutlich belastet, obwohl das operative Geschäft sehr stark läuft.
Rekordumsatz und hoher Cashflow – Erwartungen geschlagen
Im 4. Quartal 2025 erzielte Adobe einen Rekordumsatz von 6,19 Mrd. USD, rund 10 % mehr als im Vorjahr und leicht über den Erwartungen des Marktes. Der bereinigte Gewinn je Aktie lag bei 5,50 USD und damit ebenfalls über der Konsensschätzung von 5,40 USD. Besonders stark entwickelten sich die Abo-Umsätze, die insgesamt 5,99 Mrd. USD erreichten. Der Bereich Business Professionals & Consumers wuchs mit seinem Abo-Umsatz um 15 % und profitiert vor allem von Acrobat, PDF-Workflows und Express. Creative & Marketing Professionals legten um 11 % zu und spiegeln die robuste Nachfrage nach seiner Creative Cloud, Firefly und den KI-Funktionen in den Flaggschiff-Programmen wider. Dazu kam ein Rekord-Cashflow aus dem operativen Geschäft von 3,16 Mrd. USD im Quartal. Dies ist ein klares Zeichen, dass das Geschäftsmodell finanziell sehr gesund ist.
KI als Turbo und die Rolle der Semrush-Übernahme
Inhaltlich stand das Quartal klar im Zeichen von KI. Adobe berichtet, dass inzwischen mehr als ein Drittel des neu generierten, jährlichen wiederkehrenden Umsatzes durch KI beeinflusst wird, weil Firefly, Acrobat AI Assistant und die KI-Assistenten in Photoshop und Express immer stärker genutzt werden. In Digital Media stieg der Quartalsumsatz auf 4,62 Mrd. USD, Digital Experience kam auf 1,52 Mrd. USD, beides Rekordwerte. Strategisch sticht die geplante Übernahme von Semrush für rund 1,9 Mrd. USD hervor. Semrush ist eine Plattform für Suchmaschinenmarketing, SEO, Wettbewerbsanalysen und Sichtbarkeit in Suchmaschinen und KI-Plattformen. Für Adobe ist das ein Puzzleteil im Marketing-Geschäft. Marketer sollen in Zukunft Kampagnen nicht nur in Adobes Experience-Tools planen, erstellen und messen, sondern auch direkt sehen, wie sichtbar ihre Inhalte in Google, Social Media und in KI-gestützten Suchergebnissen sind, alles in einer vernetzten Umgebung. Damit wird vor allem der Bereich Digital Experience und das Marketing-Ökosystem gestärkt.
Zweistelliges Wachstum, aber die Latte der Anleger liegt hoch
Für das Geschäftsjahr 2026 stellt Adobe einen Umsatz zwischen 25,9 und 26,1 Mrd. USD in Aussicht, also ein jährliches Wachstum von etwas über 10 %. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll dabei zwischen 23,30 und 23,50 USD liegen. Der gesamte jährliche wiederkehrende Umsatz soll um gut 10 % wachsen. Auch für das 1. Quartal 2026 peilt das Management bis zu 6,30 Mrd. USD Umsatz und einen bereinigten Gewinn je Aktie von 5,85 bis 5,90 USD Werte an, die über den bisherigen Markterwartungen liegen. Operativ kommuniziert Adobe damit ein Bild mit zweistelligen Wachstumsraten, hoher Profitabilität, starken Cashflows und das alles ohne die künftigen Beiträge von Semrush mit einzurechnen. Trotzdem bleiben viele Investoren vorsichtig, weil sie weniger auf das "ob", sondern eher auf das "wie schnell" der KI-Monetarisierung schauen und den zunehmenden Wettbewerb im Kreativ- und Marketingbereich im Hinterkopf haben.
Partnerschaft mit OpenAI - Adobes Top-Apps direkt in ChatGPT
Ein strategischer Meilenstein ist die neue Partnerschaft mit OpenAI. Adobe bringt Photoshop, Adobe Express und Acrobat direkt in ChatGPT und zwar kostenlos für alle ChatGPT-Nutzer weltweit. Wer ein Foto hochlädt, kann im Chat einfach schreiben: "Adobe Photoshop, hilf mir, den Hintergrund zu verwischen", und bekommt die Bearbeitung ohne die gewohnte Desktop-Oberfläche starten zu müssen. Mit Express lassen sich Einladungen, Social Posts oder einfache Designs erzeugen, mit Acrobat PDFs zusammenführen, bearbeiten, komprimieren oder sensible Daten schwärzen, alles direkt im Chatfenster. Für Adobe ist ChatGPT damit ein gigantischer Vertriebskanal und ein neuer Einstieg in den Kunden-Funnel. 100 Mio. Nutzer kommen so erstmals mit Adobe-Tools in Berührung, und ein Teil von ihnen dürfte später in zahlende Vollkunden in der Creative Cloud oder Document Cloud konvertieren. Gleichzeitig verankert Adobe seine Marke mitten im KI-Ökosystem von OpenAI, statt nur von außen dabei zuzusehen.
Rekordzahlen, KI-Offensive, Kursfrust - Zwischen Angst und Chance
Adobe liefert starke Zahlen. Rekordumsätze, steigende Gewinne, kräftige Cashflows und ein klarer Plan, das Geschäft mit KI-Funktionen weiter auszubauen. Mit Firefly, KI-Assistenten in den Kern-Apps, der geplanten Semrush-Übernahme und der engen Partnerschaft mit OpenAI zeigt das Management, dass man die Zukunft aktiv gestalten will. Gleichzeitig drücken Sorgen um neue KI-Wettbewerber, kostenlose Tools und mögliche Preiserosion den Aktienkurs und sorgen für Unsicherheit im Anlegerlager. Fundamental wirkt Adobe so solide und profitabel wie lange nicht, doch der Markt verlangt den Beweis, dass das KI-Zeitalter dauerhaft höheres Wachstum und stabile Margen bringt. Gelingt diese Kombination, könnte der aktuelle Kursdruck rückblickend wie eine Gelegenheit aussehen.








