Sanofi hat mit seinem MS-Programm einen Rückschlag erlitten, der die Erwartungen des Kapitalmarkts an die kurzfristige Entwicklung der Pipeline neu ausrichtet. Im Mittelpunkt steht der Wirkstoff Tolebrutinib, der bislang als einer der zentralen Hoffnungsträger im neurologischen Portfolio galt. Verzögerungen im regulatorischen Prozess und enttäuschende Studiendaten haben die Aktie belastet und rücken die Abhängigkeit von einzelnen Entwicklungsprojekten erneut in den Fokus der Investoren.
Entscheidung der FDA über Tolebrutinib erst zum Ende des 1. Quartals erwartet
Nach Angaben des Unternehmens verschiebt sich die Entscheidung der US-Arzneimittelbehörde FDA über eine mögliche Zulassung von Tolebrutinib erneut. Statt eines früher erwarteten Bescheids soll die Entscheidung nun erst gegen Ende des 1. Quartals fallen. Bereits im September war das Prüfverfahren um drei Monate verlängert worden. Sanofi nannte keine konkreten Gründe für die jüngste Verzögerung und verwies lediglich darauf, dass der Dialog mit der Behörde fortgesetzt und der aktualisierte Zeitplan nun zugrunde gelegt werde.
Bei primär progedienter Multipler Sklerose ließ sich keine bedeutsame Verlangsamung feststellen
Zusätzlichen Druck erzeugten die Ergebnisse einer Phase-III-Studie bei Patienten mit primär progredienter Multipler Sklerose. In dieser besonders schweren Verlaufsform konnte Tolebrutinib das Fortschreiten der Behinderung nicht signifikant verlangsamen. Sanofi kündigte daraufhin an, für diese Indikation keinen Zulassungsantrag zu stellen. Der betroffene Patientenkreis macht rund 10 % aller MS-Erkrankten aus.
Aktie bricht am Vormittag ein
Im frühen Handel in Paris verlor die Sanofi-Aktie zeitweise bis zu 6,4 % und verzeichnete damit den stärksten Tagesverlust seit mehr als drei Monaten. Zu Mittag hin konnte der Kurs sich teilweise wieder erholen. Der Rückgang trifft auf ein ohnehin schwaches Börsenjahr. Seit Jahresbeginn liegt die Aktie rund 15 % im Minus und hat sich damit schlechter entwickelt als zahlreiche internationale Pharmakonzerne.
Antrag auf erweiterten Zugang liegt der FDA vor
Trotz der Rückschläge gilt der Wirkstoff intern nicht als gescheitert. Tolebrutinib adressiert MS-Formen, für die es bislang nur wenige therapeutische Optionen gibt. Parallel zur laufenden Zulassungsprüfung hat Sanofi bei der FDA Unterlagen für ein erweitertes Zugangsprogramm eingereicht. Dieses könnte Patienten bereits vor einer formalen Zulassung den Zugang zu dem Medikament ermöglichen. Dies kann als Fingerzeig darauf gelesen werden, dass die Behörde das Nutzen-Risiko-Profil zumindest vorläufig als vertretbar einschätzen könnte, auch wenn es in früheren Entwicklungsphasen Hinweise auf mögliche Leberschäden gegeben hatte. Aus dem Umfeld von Sanofi heißt es, man sehe "weiterhin eine medizinisch relevante Perspektive" für den Wirkstoff.
Wertminderung des Projekts nicht ausgeschlossen
Tolebrutinib gelangte im Zuge der Übernahme des US-Biotechunternehmens Principia Biopharma in den Konzern und galt lange als einer der aussichtsreichsten Pipeline-Kandidaten im Bereich Neurologie. Marktbeobachter hatten dem Wirkstoff bislang jährliche Spitzenumsätze von rund 845 Mio. Euro ab dem Jahr 2031 zugetraut. Nach den enttäuschenden Studiendaten prüft Sanofi nun eine mögliche Wertminderung des Projekts. Eine Entscheidung darüber will der Konzern im Januar bekannt geben. Gleichzeitig stellte das Management klar, dass die laufende Gewinnprognose für 2025 davon unberührt bleiben soll.
Dupixent ist mit über 13 Mrd. USD Umsatz ein Blockbuster in der Immunologie
Unabhängig von Tolebrutinib stützt sich Sanofi operativ auf mehrere tragende Produkte und fortgeschrittene Entwicklungsprogramme. Im Zentrum steht weiterhin der Blockbuster Dupixent, der durch Indikationserweiterungen das Immunologiegeschäft prägt. Der Umsatz beläuft sich auf über 13 Mrd. USD. Hinzu kommt der RSV-Antikörper Beyfortus, der gemeinsam mit AstraZeneca entwickelt wurde und sich nach dem Markteintritt als bedeutender Wachstumstreiber im Präventionsbereich etabliert hat. In der Hämatologie setzt Sanofi auf Altuviiio zur Behandlung von Hämophilie A sowie auf Sarclisa im Markt für Multiple-Myelom-Therapien.
Im 3. Quartal konnte Sanofi den Gewinn um 2,3 % steigern
Die jüngsten Geschäftszahlen zeichnen ein insgesamt stabiles Bild. Im 3. Quartal 2025 erzielte Sanofi einen Umsatz von 12,43 Mrd. Euro, was einem Anstieg von 2,3 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. In den ersten drei Quartalen summierte sich der Umsatz auf 32,32 Mrd. Euro und lag damit 5,9 % über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Der ausgewiesene Nettogewinn belief sich im 3. Quartal auf 2,80 Mrd. Euro, während Sanofi für die ersten neun Monate einen Nettogewinn von 8,61 Mrd. Euro auswies.
Fazit
Für Sanofi bedeutet der Rückschlag bei Tolebrutinib weniger ein strukturelles Problem als vielmehr eine Verschiebung von hochgesteckten Erwartungen. Die operative Basis von Sanofi bleibt stabil, jedoch sieht sich der Konzern unter Druck, die Abhängigkeit von einzelnen Hoffnungsträgern weiter zu reduzieren und die Pipeline breiter zu monetarisieren. An diesem Gelingen sollten Anleger die Aktie in den kommenden Quartalen messen.






