Goldman-Sachs-Strategen um David Kostin sehen die jüngste Erholung von Qualitätsaktien nur als Strohfeuer. Zwar legte der "Quality"-Faktor – also Aktien mit hoher Eigenkapitalrendite, solider Bilanz und stabilen Erträgen – in der letzten Woche rund 4 % zu. Doch dieser Anstieg folgt auf einen massiven Einbruch von 17 % seit Juli, eine der stärksten Korrekturen seit der Pandemie. Hauptgrund laut Goldman: eine kräftige Short-Squeeze-Bewegung, die besonders die schwächeren Marktsegmente nach oben getrieben hat.
Makrolage spricht gegen defensive Titel
Das Umfeld bleibt für Qualitätsaktien schwierig. Goldman rechnet für 2025 und 2026 mit einem moderaten US-Wachstum und weiteren Zinssenkungen der Federal Reserve – Rahmenbedingungen, die eher zyklischen als defensiven Werten Auftrieb geben. Der S&P 500 soll laut Kostin bis Ende 2025 auf 6 800 Punkte steigen, mit einem Zwölfmonatsziel von 7 200. Der Renditevorteil qualitativ hochwertiger Aktien schrumpft damit weiter, zumal deren Kursverluste bereits rund 10 % über den fundamentalen Treibern liegen.
Bewertungen bleiben hoch
Trotz der Korrektur sind viele Qualitätswerte weiterhin teuer. Goldmans Kennzahlen zeigen ein KGV von 25 für die "long"-Seite des Qualitätskorbs – mehr als doppelt so hoch wie die 12-fache Bewertung der schwächeren Vergleichsgruppe. Besonders profitable und defensive Titel gelten als überteuert, während finanzstarke Unternehmen mit soliden Bilanzen inzwischen wieder fairer bepreist sind. Gleichzeitig bleibt die Shortquote im S&P 500 mit 2,3 % des Marktkapitals überdurchschnittlich, was laut Goldman "Raum für eine Fortsetzung des Squeeze" lässt.
Selektive Chancen nach Kursrückgängen
Trotz des Gegenwinds sieht Goldman Sachs vereinzelte Einstiegsgelegenheiten. Aktien wie Adobe, Fiserv, PepsiCo und S&P Global liegen mehr als 10 % unter ihren 52-Wochen-Hochs und werden unterhalb ihrer Fünfjahres-Bewertungsdurchschnitte gehandelt. Das mittlere erwartete Gewinnwachstum dieser Gruppe liegt bei 11 % für 2026 – ein Zeichen, dass langfristig orientierte Investoren in diesem Segment wieder fündig werden könnten.
Berichtssaison liefert starke Zahlen, aber schwache Reaktionen
Bis zum 24. Oktober hatten 29 % der S&P 500-Unternehmen ihre Q3-Ergebnisse vorgelegt, davon 69 % mit klaren Gewinnüberraschungen. Dennoch reagierte der Markt verhalten: Im Schnitt blieben die Aktien trotz positiver Zahlen 0,33 Prozentpunkte hinter dem Index zurück. In der nun beginnenden heißen Phase der Berichtssaison legen Schwergewichte wie Microsoft, Alphabet, Meta, Apple und Amazon vor. Goldman Sachs erwartet vorerst keine breite Erholung des Qualitätssegments – wohl aber gezielte Chancen bei einzelnen "Quality Compounders", die nach der jüngsten Schwächephase attraktiv bewertet sind.







