Gold hat Geschichte geschrieben: Zum ersten Mal überstieg der Preis die Marke von 4.000 USD je Feinunze. Damit hat das älteste Anlagegut der Welt alle Krisen, Währungsreformen und Technologiewellen überdauert.
Ein Jahrhundertgewinn
Wer im Januar 2000 eine Unze zu 279 USD kaufte, sitzt heute auf einem Gewinn von über 1.300 % – mehr als beim S&P 500 inklusive Dividenden. Während Tech-Aktien um Künstliche Intelligenz den Hype bestimmen, liefert Gold mit weniger großen Kursschwankungen bereits über 50 Rendite seit Jahresbeginn – und das ohne Cashflow, ohne Quartalszahlen, ohne CEO-Kult.
Vertrauensverlust im Dollar-System
Der neue Höhenflug hat tiefere Ursachen, die weit über klassische Inflationsängste hinausgehen. Im Zentrum steht ein wachsendes Misstrauen gegenüber der finanzpolitischen Verlässlichkeit der USA. Das Haushaltsdefizit liegt bei über sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während die Schuldenquote historische Höchststände erreicht. Zugleich schwelt der Streit um die Finanzierung der Regierung – und das Vertrauen in den Dollar als stabile Weltreservewährung beginnt zu bröckeln. Anleger fürchten, dass die US-Regierung ihre fiskalischen Probleme zunehmend durch monetäre Lockerung lösen könnte – also durch eine Politik, die den realen Wert des Geldes systematisch verwässert.
Powells Wende und fallende Realzinsen
Hinzu kommt die geldpolitische Wende der Federal Reserve. Nachdem Fed-Chef Jerome Powell im August eine baldige Zinssenkungsserie angedeutet hatte, sanken die Realrenditen deutlich – ein Umfeld, in dem Gold traditionell glänzt. Denn als zinsloses Asset wird es umso attraktiver, je niedriger die Erträge sicherer Anleihen ausfallen.
Zentralbanken kaufen so viel Gold wie seit Jahrzehnten nicht mehr
Parallel dazu treiben Zentralbanken den strukturellen Nachfrageboom. Laut World Gold Council haben sie im ersten Halbjahr 2025 mehr als 400 Tonnen Gold netto gekauft – das höchste Halbjahresvolumen seit über 50 Jahren. Besonders aktiv sind Notenbanken aus Schwellenländern, die ihre Dollar-Abhängigkeit reduzieren wollen.
Seit dem Einfrieren russischer Devisenreserven im Jahr 2022 gilt Gold als politisch neutrales Reserveinstrument – jenseits westlicher Sanktionen und geopolitischer Blockbildungen.
"Gold ist ein Wertspeicher, der nicht auf institutionelles Vertrauen angewiesen ist", schrieb Goldman Sachs kürzlich an seine Kunden. Viele Experten erwarten, dass Zentralbankkäufe die Preise weiter treiben – auch wenn Bank of America daran erinnert, dass jede Goldhausse der letzten 160 Jahre irgendwann in einen Abschwung mündete.
Von der Angstanlage zur strategischen Reserve
Selbst an der Wall Street wandelt sich die Sicht: "Gold ist heute der sichere Hafen, der der Dollar einmal war," sagt Citadel-Chef Ken Griffin. Hedgefonds-Legende Ray Dalio nennt es den "einzigen echten Portfoliodiversifizierer".
Der Dollar hat sich zuletzt zwar stabilisiert und das US-Verfassungsgericht deutete an, Trumps Einfluss auf die Fed begrenzen zu wollen. Doch das Grundproblem bleibt bestehen: das Ringen um Vertrauen. "Am Ende," schreibt TD Securities, "ist es das Vertrauen in die amerikanischen Institutionen, das dem Dollar einst den Reservewährungsstatus gesichert hat."
Wenn die Welle bricht
Trotz des Rekordhochs warnen einige Strategen vor überzogener Euphorie. "Jetzt machen Trader, was sie am besten können," sagt Brian Jacobsen von Annex Wealth Management über den sogenannten "Debasement Trade". "Sie treiben die Story zu weit und reiten die Welle – bis sie bricht."
Gold bleibt strukturell im Aufwärtstrend
Analysten von Goldman Sachs trauen dem Preis bis 2026 4.900 Dollar zu. Kurzfristige Korrekturen bleiben möglich, doch das strukturelle Momentum ist intakt: In einer Welt wachsender Schulden und geopolitischer Unsicherheit wird Gold wieder zur Vertrauenswährung und bestätigt eindrucksvoll seinen Platz als Konstante in einem Zeitalter der Beschleunigung.