Intel (INTC) steht am Scheideweg – und der Weg zurück an die Spitze der Chipindustrie ist alles andere als leicht. Hohe Verluste, massiver Margendruck und milliardenschwere Abschreibungen prägen das aktuelle Zahlenwerk. Im 2. Quartal 2025 rutschte der Konzern tief in die roten Zahlen, geplante Investitionen wurden gestrichen oder verschoben, und die Belegschaft drastisch reduziert. Der neue CEO Lip-Bu Tan hat klare Kante gezeigt. Die Zeit der überstürzten Expansion ist vorbei, jetzt zählen Effizienz, Disziplin und Fokus. Intel muss gleichzeitig die technologische Aufholjagd gegen NVIDIA, AMD und TSMC gewinnen, seine Foundry neu aufstellen und im KI-Zeitalter endlich Fuß fassen. Der Turnaround ist eingeleitet – aber noch lange nicht geschafft. Die Aktie rutscht vorbörslich fast 5 % ab.
Intel im Umbruch - Rückstand aufholen, Kulturwandel meistern
Die Intel Corporation, einst unangefochtener Marktführer im Halbleiterbereich, befindet sich in einem umfassenden Transformationsprozess. Nach Jahren der Rückschläge bei Technik, Marktanteilen und Profitabilität, insbesondere durch aggressive Konkurrenz wie AMD und aufstrebende Foundry-Giganten wie TSMC, hat das Unternehmen mit Lip-Bu Tan im Frühjahr 2025 einen neuen CEO an die Spitze gesetzt. Tan will Intel wieder auf Kurs bringen – mit einem radikalen Kurswechsel. Kosten runter, Entscheidungsprozesse verschlanken, Fokussierung auf Kernprodukte und künstliche Intelligenz. Zudem wird die Foundry-Sparte neu ausgerichtet – mit dem Credo von nun an "keine Blankoschecks mehr" auszustellen.
Durchwachsene Quartalszahlen - Umsatz stabil, Gewinn tiefrot
Im 2. Quartal 2025 erzielte Intel einen Umsatz von 12,9 Mrd. USD, was exakt dem Vorjahresniveau entspricht – jedoch leicht über den Analystenerwartungen lag. Der bereinigte Verlust pro Aktie lag bei -0,10 USD, während der GAAP-Verlust je Aktie -0,67 USD betrug. Hauptursachen waren Restrukturierungskosten von 1,9 Mrd. USD, Wertminderungen in Höhe von 800 Mio. USD sowie Einmalbelastungen über 200 Mio. USD. Besonders belastend ist, dass diese Sonderfaktoren nicht in der ursprünglichen Prognose enthalten waren, was auch das Vertrauen der Anleger erschütterte. Die Bruttomarge sackte dadurch auf 29,7 %, bereinigt wären es 37,5 % gewesen – ein deutlicher Hinweis auf strukturellen Margendruck, trotz positiver Impulse in einzelnen Segmenten.
Licht und Schatten in den Geschäftsfeldern
Im Detail offenbart sich bei Intel ein gemischtes Bild der einzelnen Geschäftsbereiche. Die Client Computing Group, zuständig für PC-Prozessoren, erzielte einen Umsatz von 7,9 Mrd. USD und lag damit zwar 3 % unter dem Vorjahr, jedoch über den Markterwartungen – ein kleiner Lichtblick in einem weiterhin schwachen PC-Markt. Im Bereich Data Center & AI konnte Intel den Umsatz um 4 % auf 3,9 Mrd. USD steigern, gestützt durch neue Xeon-Prozessoren, die unter anderem in Nvidia-Systemen zum Einsatz kommen. Dennoch bleibt Intel hier deutlich hinter Marktführern wie NVIDIA und AMD zurück. Die Entwicklung in der Foundry-Sparte fiel gemischt aus. Zwar stieg der Umsatz um 3 % auf 4,4 Mrd. USD, gleichzeitig verzeichnete das Segment jedoch einen operativen Verlust von über 3 Mrd. USD, bedingt durch hohe Abschreibungen und strukturelle Anlaufverluste. Diese Zahlen unterstreichen, wie ambitioniert, aber auch risikobehaftet Intels Plan ist, sich als externer Auftragsfertiger neu zu positionieren. Einen klar positiven Impuls lieferte hingegen der Bereich "Sonstige", dessen Umsatz um 20 % zulegte. Darin enthalten ist unter anderem Mobileye, dessen Teilverkauf dem Unternehmen 922 Mio. USD einbrachte und zur Stärkung der Bilanz beitrug.
Ausblick zeigt Konsolidierung, KI-Offensive und disziplinierten Kapitaleinsatz
Für das 3. Quartal 2025 erwartet Intel einen Umsatz zwischen 12,6 und 13,6 Mrd. USD – die Mitte der Spanne von 13,1 Mrd. USD liegt über dem Konsens. Der bereinigte Gewinn pro Aktie wird mit 0 USD prognostiziert – ein klarer Hinweis auf ein Übergangsquartal mit weiterhin geringer Profitabilität. Das Ziel ist die bereinigten Betriebskosten deutlich zu senken. Von 17 Mrd. USD für 2025 auf 16 Mrd. USD im Jahr 2026. Investiert wird weiter kräftig. Die CapEx-Ausgaben sollen bei 18 Mrd. USD liegen, wobei künftige Projekte strenger priorisiert werden. So wurden Werke in Deutschland und Polen gestrichen, das Projekt in Ohio verlangsamt und Standorte in Costa Rica konsolidiert. Im Fokus steht der Technologieknoten Intel 18A, der 2025 anlaufen und später in den Nachfolger 14A übergehen soll – allerdings nur mit konkreten Kundenverträgen, betont Tan. Auch die Panther-Lake-Prozessoren stehen im Zentrum der neuen Produkt-Roadmap. Zudem will man eine echte KI-Strategie aufbauen, die nicht nur auf Hardware, sondern auf Full-Stack-Lösungen inklusive Software setzt.
Der Weg bleibt für Intel steinig – aber ist nicht aussichtslos
Intel hat im 2. Quartal operative Fortschritte gezeigt, doch die finanzielle Realität bleibt herausfordernd. Das Unternehmen schreibt weiter Verluste, die Foundry-Offensive ist teuer und bisher ohne große externe Kunden, der PC-Markt bleibt schwach, und in Sachen KI hinkt man den Marktführern hinterher. Doch mit einem konsequenten Sparkurs, dem Abbau von 15 % der Belegschaft, der Fokussierung auf strategische Wachstumsfelder und dem Aufbau einer effizienteren Unternehmensstruktur setzt CEO Lip-Bu Tan klare Signale. Die Vision wieder profitabel und global wettbewerbsfähig zu werden, lebt bei Intel weiter – aber sie hängt entscheidend davon ab, ob es gelingt, Vertrauen bei Kunden, Partnern und Investoren zurückzugewinnen. Eine Rettung ist möglich – aber nur, wenn Strategie, Technik und Marktbedingungen endlich zusammenpassen.