Microsoft (i)(MSFT) startet mit einem gewaltigen Vorteil in das KI-Zeitalter. Windows läuft auf Hunderten Mio. Computern, die Office-Welt ist weltweit Standard und die Azure-Cloud wächst rasant. Eigentlich wäre das die perfekte Basis, um den Markt für KI-Werkzeuge wie Copilot zu dominieren. Doch hinter den Kulissen zeigt sich ein anderes Bild, denn viele Kunden zögern, der Konkurrenz gelingt es, verlorene Nutzer zurückzugewinnen, und Microsoft muss stärker überzeugen als je zuvor.
Microsoft im KI-Zeitalter - Starke Basis, großer Anspruch
Microsoft verfügt über eine außergewöhnlich breite Produktlandschaft, die dem Unternehmen eigentlich ideale Voraussetzungen bietet, um im KI-Boom eine führende Rolle einzunehmen. Das klassische Betriebssystem Windows läuft auf Hunderten Mio. Computern und bleibt ein zentraler Ankerpunkt für Microsoft. Die Office- und 365-Welt ist in Unternehmen weltweit fest verankert, und mit Copilot hat Microsoft ein neues Werkzeug geschaffen, das KI tief in bestehende Arbeitsabläufe integrieren soll. Gleichzeitig gehört die Azure-Cloud zu den wichtigsten Plattformen für Rechenleistung und Künstliche Intelligenz, denn dort laufen nicht nur Microsofts eigene Modelle, sondern auch viele Dienste externer Anbieter. Mit dieser gewaltigen Nutzerbasis und den vielen Berührungspunkten zum Kunden hätte Microsoft eigentlich beste Chancen, den Übergang in die KI-Ära souverän anzuführen. Doch die Realität ist komplizierter.
Wachsende Probleme - Copilot bleibt ohne den erhofften Durchbruch
Auf der Ignite-Konferenz zeigte sich sehr deutlich, dass Microsoft beim Verkauf seines KI-Assistenten Copilot nicht die Fortschritte erzielt, die sich das Unternehmen erhofft hatte. Zwar spricht CEO Satya Nadella von mehr als 150 Mio. Nutzern, doch viele IT-Einkäufer berichten, dass sie den praktischen Mehrwert im Unternehmensalltag nicht erkennen können. Vor allem der Preis von 30 USD pro Monat und Nutzer sorgt für Zurückhaltung. Einige Kunden sagten sogar offen, dass sie Copilot gar nicht haben wollen, selbst wenn der Preis deutlich sinkt. Der Grund ist häufig derselbe. Firmen müssten erst große Vorarbeiten leisten, damit Copilot überhaupt sinnvoll funktioniert. Dazu gehören das Aufräumen alter Datenbestände, das Modernisieren interner Systeme oder das Umstellen von Abläufen. Da diese Arbeit teuer und zeitaufwändig ist, erscheint vielen Unternehmen der Nutzen des Tools noch zu unsicher. Zudem ist es für Microsoft ungewohnt, dass die eigenen Vertriebsmitarbeiter plötzlich aktiv erklären und überzeugen müssen, anstatt dass Kunden wie in früheren Jahren fast automatisch zu Microsoft-Produkten greifen.
Azure bleibt das Kraftzentrum – große KI-Deals und hohe Nachfrage
Während Copilot schwächelt, läuft das Cloudgeschäft über Azure weiterhin auf Hochtouren. Im letzten Quartal wuchs der Umsatz um beeindruckende 40 % und lag damit klar vor Amazon Web Services und Googles Cloud. Getrieben wird dieses Wachstum vor allem durch die enorme Nachfrage nach Rechenleistung für KI-Anwendungen. Große Partnerschaften wie die Milliardeninvestition in OpenAI und die Pläne des Start-ups, selbst massiv zu expandieren, sorgen für einen stetigen Zustrom neuer Workloads. Viele Kunden verlagern zudem immer größere Teile ihrer Infrastruktur in die Azure-Cloud, weil sie dort sowohl die klassischen IT-Dienste als auch leistungsfähige KI-Modelle aus einer Hand bekommen. Für Microsoft ist Azure daher das stabile Fundament, auf dem das gesamte KI-Geschäft ruht, und der Bereich gehört zu den stärksten Wachstumstreibern im Konzern.
Markt für KI-Agenten - Harte Konkurrenz und sichtbare Abwanderung
Im Bereich der KI-Agenten zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Viele Unternehmen testen zwar Microsofts Angebote, entscheiden sich aber zunehmend für Alternativen. Ein prominentes Beispiel ist ein großes Unternehmen mit 16.000 Beschäftigten, das seine komplette E-Mail-Abwicklung zurück zu Google verlagert hat, um besser mit dem Gemini-Modell arbeiten zu können. Andere Firmen nutzen zwar Azure als Cloudinfrastruktur, setzen aber bei KI-Werkzeugen lieber auf Produkte junger Start-ups wie Cognition oder Cursor. Für Microsoft entsteht dadurch eine ungewohnte Wettbewerbssituation, denn Kunden vergleichen sehr genau, ob ein teures Microsoft-Abonnement wirklich Vorteile bringt. In mehreren Fällen musste Microsoft deutliche Rabatte anbieten, teilweise bis zur Hälfte des Listenpreises, um Unternehmen zum Einstieg zu bewegen. Manche Berater berichten jedoch, dass selbst diese Rabatte nicht mehr reichen, weil Unternehmen den Nutzen von Copilot noch nicht klar genug erkennen. Für Microsoft ist das ein untypisches Bild. Zum ersten Mal seit Langem muss das Unternehmen intensiv um Akzeptanz kämpfen, während Google, Salesforce, Adobe oder auch Anthropic aggressiv eigene Lösungen im Markt platzieren.
Microsofts Gegenstrategie - Mehr Modelle und mehr Partner
Um im härteren Wettbewerb bestehen zu können, baut Microsoft seine KI-Tools kontinuierlich aus. Besonders wichtig ist dabei die Integration der aktuellen Modelle von Anthropic, die nun direkt über die Foundry-Werkzeuge verfügbar sind. Anthropic hat sich im Gegenzug dazu verpflichtet, 30 Mrd. USD in Azure zu investieren, was die Position von Microsoft als KI-Infrastruktur-Anbieter weiter stärkt. Gleichzeitig entwickelt Microsoft eigene Modelle weiter, erweitert Copilot um neue Funktionen und versucht, mit günstigeren Angeboten wie "Copilot Business" mehr kleine und mittelständische Firmen zu erreichen. Das Unternehmen hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, dass künftig praktisch jeder Mitarbeiter in Unternehmen täglich mit einem KI-Agenten arbeitet und intern soll bereits fast die gesamte Belegschaft Copilot verwenden. Dieses Ziel zeigt, wie ernst Microsoft den Wandel nimmt und wie stark das Unternehmen darauf setzt, die Arbeitswelt der Zukunft rund um seine eigenen KI-Werkzeuge aufzubauen.
KI-Champion mit klaren Stärken, aber ungewohntem Gegenwind
Microsoft bleibt ein Schwergewicht mit enormen Ressourcen, einer riesigen Kundenbasis und einem besonders starken Cloudgeschäft. Azure wächst dynamisch, und die enge Zusammenarbeit mit OpenAI und Anthropic verschafft dem Unternehmen eine zentrale Rolle in der globalen KI-Infrastruktur. Doch im Alltag der Unternehmen zeigt sich, dass der Weg zur breiten Nutzung von KI-Werkzeugen wie Copilot länger und schwieriger ist als erwartet. Viele Firmen sind noch nicht bereit, hohe Preise zu zahlen, solange der Nutzen unklar bleibt oder Konkurrenzangebote flexibler erscheinen. Microsoft muss daher stärker kämpfen als gewohnt, um Kunden zu überzeugen. Das Unternehmen bleibt hervorragend positioniert, doch der Vorsprung im KI-Boom wird nicht automatisch zu Marktdominanz, er muss aktiv verteidigt werden.








