Nvidia (NVDA) steht erneut im Zentrum der globalen Technologiekonflikte – zwischen wirtschaftlicher Chance und politischem Risiko. Nach monatelanger Unsicherheit hat der US-Chipgigant grünes Licht erhalten, seinen speziell entschärften H20-KI-Chip wieder nach China zu exportieren. Mit einer riesigen Nachbestellung bei TSMC reagiert Nvidia nun auf die steigende Nachfrage im Reich der Mitte. Doch während die Produktion hochgefahren wird, wächst der regulatorische Druck. In Peking ermitteln die Behörden wegen angeblicher Sicherheitslücken. Der H20 wird damit zum Symbol für die brisante Gratwanderung zwischen geopolitischen Machtspielen und wirtschaftlichem Erfolgsstreben.
Massive Nachbestellung - Nvidia füllt seine Lager für China auf
In einem klaren Zeichen strategischer Expansion hat Nvidia vergangene Woche bei TSMC 300.000 weitere H20-KI-Chips bestellt, um der wieder anziehenden Nachfrage aus China gerecht zu werden. Diese Order ergänzt einen Bestand von rund 600.000 bis 700.000 Chips und markiert eine Abkehr vom bisherigen Plan, nur vorhandene Vorräte zu nutzen. Möglich wurde dies durch eine neue Exportgenehmigung der US-Regierung, die Nvidia nach monatelanger Unsicherheit grünes Licht für den begrenzten China-Export gab. Der H20 ist eine abgeschwächte Version der fortschrittlicheren H100- und Blackwell-Chips und wurde eigens entwickelt, um den strengen US-Exportkontrollen zu genügen. Die Trump-Administration hatte sich dabei bewusst für eine kontrollierte Öffnung entschieden, um den chinesischen Markt nicht vollständig den heimischen Rivalen wie Huawei zu überlassen.
Zwischen Hoffnung und Argwohn - China prüft die Sicherheitsrisiken
Doch kaum ist Nvidia zurück auf dem chinesischen Markt, geraten seine H20-Chips ins Visier der Behörden. Die Cyberspace Administration of China hat das Unternehmen offiziell vorgeladen und mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Die Regulierer befürchten, dass die Chips Schwachstellen oder Hintertüren enthalten, die eine Fernabschaltung, Positionsverfolgung oder Spionage ermöglichen könnten. Berichte aus US-Kreisen deuten darauf hin, dass bestimmte Tracking-Funktionen bereits in Nvidia-Chips vorhanden seien – eine Forderung, die auch in einem parteiübergreifenden Gesetzesvorschlag in den USA verankert ist. Für Nvidia ist dies ein Hochseilakt. Das Unternehmen muss einerseits glaubhaft machen, dass seine Produkte sicher sind und keine geheimen Funktionen enthalten, darf andererseits aber keine sensiblen Details preisgeben, die gegen US-Vorgaben verstoßen oder den Verdacht der Zusammenarbeit mit China wecken.
Zollpause, aber wirtschaftlicher Gegenwind in China
Die geopolitischen Spannungen zwischen Washington und Peking haben sich zuletzt leicht entspannt. Zölle wurden nicht weiter verschärft, und Analysten hoffen auf ein persönliches Treffen zwischen Donald Trump und Xi Jinping im Herbst. Doch während der Handelskonflikt vorerst pausiert, kämpft China mit größeren strukturellen Problemen. Der Immobiliensektor schwächelt, die Deflation greift um sich, und Investitionen wie Konsum bleiben hinter den Erwartungen zurück. Pekings Industriepolitik zielt auf Überkapazitäten in traditionellen Branchen wie Stahl und Zement, während technologische Sektoren wie E-Mobilität oder KI gleichzeitig politisch gestützt werden. All dies schafft ein unsicheres Umfeld – sowohl für chinesische Unternehmen als auch für internationale Akteure wie Nvidia, die zwischen wachsender Nachfrage und regulatorischen Risiken manövrieren müssen.
Nvidia balanciert auf dem geopolitischen Drahtseil
Die Wiederzulassung des H20-Chips eröffnet Nvidia den wichtigsten internationalen Absatzmarkt außerhalb der USA. Doch diese Rückkehr ist mit hohen politischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Risiken behaftet. Der Vorwurf versteckter Überwachungstechnologien könnte in China ebenso schwer wiegen wie der Verdacht auf Kooperation mit einem geopolitischen Rivalen. Gleichzeitig ist der chinesische Markt für Nvidia zu bedeutend, um ihn langfristig aufzugeben. Das Unternehmen steht damit zwischen den Interessen zweier Supermächte – und muss einen Weg finden, Innovationsführerschaft mit diplomatischer Balance zu vereinen. Wie stabil Nvidia dieses Gleichgewicht halten kann, wird entscheidend für seine weltweite Marktposition sein.