Amazon (NASDAQ: AMZN) hat seinem Satelliten-Internetprojekt einen neuen Namen verpasst: Aus "Project Kuiper” wird schlicht "Leo” - in Anlehnung an den niedrigen Erdorbit (Low Earth Orbit), in dem die Satelliten kreisen. Während Amazon den Namen als längst eingeplante Vereinfachung darstellt, deutet das Rebranding auf einen strategischen Kurswechsel hin.
Ursprünglich präsentierte der Konzern Kuiper als ambitionierte Mission, unversorgte und unterversorgte Regionen mit schnellem, erschwinglichem Internet zu versorgen. Doch die Kommunikation der vergangenen Monate zeigt, dass sich der Fokus zunehmend verschiebt: Deals mit Airbus und JetBlue positionieren das System zunehmend als Konkurrenz zu Starlink von SpaceX und weniger als Hilfsprojekt für strukturschwache Regionen.
Verschwundene Versprechen der Erschwinglichkeit
Ein genauer Blick auf die Änderungen in Amazons Außendarstellung macht die neue Priorität deutlich. In archivierten FAQ-Versionen von 2024 taucht der Begriff "erschwinglich” mehrfach auf. Amazon betont dort seine Erfahrung in der Entwicklung günstiger Hardware sowie das Ziel, Kuiper möglichst preiswert anzubieten. Heute fehlen diese Passagen vollständig.
In der neuen Leo-FAQ findet sich weder das Wort "Affordability” noch ein Hinweis auf besondere Preisvorteile. Stattdessen lautet die neue Beschreibung, Leo solle "schnelles, zuverlässiges Internet für Kunden und Gemeinden bereitstellen, die außerhalb der bestehenden Netze liegen”. Der Hinweis auf strukturelle Benachteiligung bleibt zwar bestehen, wird aber deutlich generischer formuliert und rückt nicht mehr ins Zentrum der Vision.
Fokus auf Premium- und Unternehmensnutzer
Auch die neue Leo-Webseite zeigt klar, welche Kundengruppen Amazon in Zukunft stärker ansprechen möchte. Beworben werden 4K-Streaming, Videokonferenzen und die Fähigkeit, "die Internetbedürfnisse einer ganzen Familie” abzudecken. Besonders hervor sticht der Hinweis, Leo sei "flexibel, skalierbar, enterprise-ready”. Die Erwähnung ländlicher oder entlegener Regionen erscheint dagegen nur am Rande.
Während in Werbevideos weiterhin Bilder von farbenfrohen Alltagsszenen und Menschen an abgelegenen Orten gezeigt werden, lässt die textliche Botschaft wenig Zweifel daran, dass Amazon profitable Privat- und Geschäftskunden priorisiert. Das Motto "New name, same mission” wirkt daher eher wie ein rhetorisches Festhalten an der ursprünglichen Erzählung, nicht wie eine präzise Beschreibung der aktuellen Ausrichtung.
Ein Projekt im Wandel mit offenem Ausgang
Die Transformation von Kuiper zu Leo markiert den nächsten Schritt in einem Projekt, das seit 2019 im Aufbau ist und Teil von Amazons langfristiger Infrastrukturstrategie ist. Während der Name nun moderner und technischer klingt, wirft der Strategiewechsel Fragen auf: Wird Leo weiterhin als globales Infrastrukturprogramm wahrgenommen oder künftig primär als kommerzieller Dienst? Amazons Schweigen auf Presseanfragen verstärkt den Eindruck eines anhaltenden kulturellen und wirtschaftlichen Umbaus des Projekts.
Klar ist: Der Wettlauf mit Starlink und anderen Anbietern nimmt zu, und Amazon scheint sich darauf zu konzentrieren, im wachsenden Markt für Satellitenkonnektivität nicht nur mitzuhalten, sondern Premiumkunden zu gewinnen. Die ursprüngliche Vision einer breit zugänglichen, preisgünstigen Lösung scheint dabei in den Hintergrund zu rücken.
Die Starlink-Alternative soll Anfang 2026 in Deutschland verfügbar sein. Amazon will in 2028 dann Internet dank über 3.000 Satelliten in 88 bis 100 Ländern abieten können.







